Zwei neue Impulsgeber für die Gemeinden
Herbstvollversammlung des Diözesanrates des Bistums Görlitz
Cottbus (kh) -Wie soll es mit dem kirchlichen Leben im Bistum Görlitz weitergehen? Was muss eine Gemeinde beachten, wenn Flüchtlinge bei ihr Zuflucht suchen? Mit diesen Fragen hat sich der Diözesanrat der Katholiken im Bistum Görlitz bei seiner diesjährigen Herbstvollversam-mlung am 9. und 10. November in Cottbus beschäftigt. Die Laienvertreter sprachen über zwei neue Papiere: den Pastoralplan des Bistums und ein Faltblatt zum Thema "Kirchenasyl". Beide Schriften sollen dem-nächst an die Gemeinden verteilt werden.
Der Pastoralplan will laut Begleitschreiben Anregungen geben für ein "lebendig gestaltetes kirchliches Leben" und soll, wie es im Vorwort des Bischofs heißt, dazu dienen, "Vorsorge für die kommende Zeit zu treffen". Den ersten Anstoß für ein solches Papier hatten Priester aus dem Norden der Diözese vor sechs Jahren bei der Pastoralkonferenz gegeben. Vertreter von Klerus, Seelsorgeamt, Diözesanrat und Jugendseelsorge haben die gut vierzig Seiten starke Handreichung gemeinsam mit dem Bischof erarbeitet.
Zwölf Aufgabenfelder der pastoralen Arbeit werden darin behandelt. Nach einer kritischen Beschreibung der gegenwärtigen Situation ist jeweils ein Ziel für die Zukunft formuliert. Für den Bereich soziale Pastoral lautet es: "Die Pfarrgemeinden gestalten eine lebendige Caritasarbeit, die sich an den Nöten des heutigen Menschen orientiert. Dabei legen sie neben der Linderung materieller Notlagen einen Schwerpunkt auf die Gestaltung mitmenschlicher und sinnstiftender Beziehungen mit den Betroffenen." Anschließend werden konkrete Schritte genannt, die zu diesem Ziel führen sollen.
Mit Blick auf ihre karitative Arbeit wird den Gemeinden zum Beispiel empfohlen, soziale Nöte im Gottesdienst anzusprechen, besondere Formen karitativer Tätigkeit wie das Feriendiakonat und das Freiwillige Soziale Jahr zu fördern, jemanden zu benennen, über den die Pfarrei mit dem Caritasverband in Kontakt steht, und die Caritashelfer fachlich und spirituell zu begleiten.
Seelsorgeamtsleiter Dr. Alfred Hoffmann will den Pastoralplan nicht als Lehrschreiben, sondern als Impulsgeber verstanden wissen. Auch Beate Steige von der Jugendseelsorge stellte bei der Vorstellung klar: "Es muss nicht jede Gemeinde alles machen." Die Pfarreien sollten jeweils die Anregungen aus dem Pastoralplan aufgreifen, die für sie in Frage kämen, und darüber hi-naus auch eigene Ideen einbringen: "Es geht um ein Leben und vielleicht auch teilweise um ein Überleben in den Gemeinden und der Pastoralplan will Geländer oder Stütze auf diesem Weg sein", sagte Steige.
Teil des Pastoralplanes ist auch eine Übersicht über die geplante Neustrukturierung des Bistums, mit der auf die rückläufige Zahl von Priestern und Gemeindemitgliedern reagiert werden soll. Wie aus diesem Strukturplan hervorgeht, sollen die bestehenden Pfarrgemeinden als selbstständige Zellen erhalten bleiben und nach und nach zu 21 statt bisher 33 Seelsorgeeinheiten zusammengefasst werden.
Ebenfalls vorgestellt wurde ein Faltblatt, das Gemeinden Entscheidungshilfen geben soll, wenn es um die Frage geht, ob Flüchtlinge Kirchenasyl erhalten sollen. Im Frühjahr hatte der Diözesanrat über dieses Thema diskutiert und eine Arbeitsgruppe beauftragt, eine Handreichung für die Gemeinden zu entwerfen. Hintergrund ist ein Fall von Kirchenasyl in Senftenberg, wo im März vergangenen Jahres ein junger Algerier im Pfarrhaus Schutz vor seiner drohenden Abschiebung suchte.
Zu der Arbeitsgruppe "Kirchenasyl" gehörte auch Christoph Kilian vom Katholischen Familienbund. Er betonte, dass das Papier keine Positionierung zum Kirchenasyl darstelle, sondern lediglich sachliche Informationen gebe. Zum Beispiel weist es darauf hin, dass neben dem Pfarrer unbedingt die Mitglieder des Pfarrgemeinderats und des Kirchenvorstands in die Entscheidung für oder gegen die Gewährung von Kirchenasyl mit einbezogen werden müssen. Ausdrücklich heißt es: "Auch eine Ablehnung kann notwendig sein." Sollte sich eine Gemeinde entschließen, Flüchtlinge aufzunehmen, wird ihr nahe gelegt, umgehend den Beistand eines Anwalts zu suchen. Das Faltblatt gibt ferner zu bedenken, dass sich eine solche Aktion über längere Zeit hinziehen könne, mit Kosten verbunden sei und von den Beteiligten "hohes physisches und psychisches Durchstehvermögen" verlange.
Auch kritische Töne waren auf der Versammlung des Diözesanrates zu hören, und zwar in Bezug auf die Zusammenarbeit von Kirchenleitung und Laien im Bistum. Anlass zu Unmut hatten zum Beispiel die jüngsten Priesterversetzungen gegeben, bei denen die Pfarrgemeinderäte nach Ansicht des Diözesanrates nicht rechtzeitig informiert wurden. Die Mitglieder des Diözesanrates wollen dieses Problem noch einmal bei ihrer nächsten Vollversammlung im Frühjahr 2002 zur Sprache bringen, an der voraussichtlich auch der Bischof teilnehmen wird.
Außerdem stand die Wahl der Vertreter aus dem öffentlichen und kirchlichen Leben für die nächsten vier Jahre an: Neu in den Diözesanrat gewählt wurden Dr. Albert Heuser, Geschäftsführer der BASF Schwarzheide, Peter Schowtka (CDU), Mitglied des Präsidiums des sächsischen Landtags, und Andreas Wirth, stellvertretender FDP-Vorsitzender in Brandenburg. Wieder gewählt wurden Martin Habermann, Vizepräsident des brandenburgischen Landtags, und die Ärztin und derzeitige Diözesanratsvorsitzende Dr. Evamaria Nowy. Der frühere Vorsitzende Alois Seewald scheidet damit auf eigenen Wunsch aus dem Diözesanrat aus.
Aufgenommen in die Online-Ausgabe: Donnerstag, 15.11.2001