Für Jugendliche Brücke ins Arbeitsleben
ABM-Projekt in Cottbus
Cottbus (fun) - Wenn bei Norbert Hallmann abends das Telefon klingelt, könnte es sein, daß einer seiner Schützlinge mit ihm sprechen möchte. Sie rufen den 54jährigen an, um ihn um Rat zu fragen, um zu erzählen, daß sie sich neue Möbel gekauft haben, oder wenn sie mit ihm über Geldprobleme reden wollen. "Mit der Zeit baut sich ein Vertrauensverhältnis auf", erzählt Norbert Hallmann. Er betreut Jugendliche, die im Rahmen einer Arbeitsbeschaffungsmaßnahme beim Bund der Deutschen Katholischen Jugend (BDKJ) in Cottbus arbeiten
"Die jungen Leute erzählen mir von sich und ich erzähle ihnen etwas über mein Leben", sagt Hallmann. So einfach, wie es klingt, ist es jedoch nicht. Die fünf Jungen und Mädchen, die momentan beim BDKJ arbeiten, stammen alle aus sozial schwachen Familien. Da sie entweder keinen Schulabschluß oder eine oder mehrere abgebrochene Lehren hinter sich haben, gelten sie auf dem Arbeitsmarkt als "schwer vermittelbar". Fünf von ihnen, wurden durch das Projekt "Jugendberufshilfe" des Cottbuser BDKJ aufgefangen
Seit zwei Jahren gibt es die Einrichtung, die durch das Bistum Essen unterstützt wird und nun im zweiten Durchgang läuft. Martina Kiermasz vom Cottbuser BDKJ erzählt über die Geschichte: "Vor einigen Jahren startete das Bistum Essen die Aktion ,Brücke', bei der kleine selbstgebaute Holzbrücken verkauft wurden, mit deren Erlös ein ostdeutsches Bistum unterstützt werden sollte. Da Görlitz Partnerbistum von Essen ist, wurde das gesammelte Geld uns zur Verfügung gestellt." Bisher wurden rund 45 000 Mark von dem Erlös für das ABM-Projekt ausgegeben. Davon wurden Gerätschaften für eine Werkstatt gekauft und auch ein Bus, mit dem die fünf Jugendlichen zwischen 19 und 22 Jahren und ihr Projektleiter Norbert Hallmann zwischen den katholischen Gemeinden in Cottbus und Umgebung, dem katholischen Kindergarten und dem Jugendhaus pendeln
"Arbeit haben wir genug", sagt Norbert Hallmann. Von Instandsetzungsarbeiten in den Gemeinden, Aufbau des Spielhauses auf dem Gelände des Don-Bosco-Hauses in Neuhausen über die Gestaltung des Hinterhofes vom BDKJ-Jugendtreff oder des Ausbaus der Garage -vielfältige Lernmöglichkeiten für die zwei Mädchen und drei Jungen. Etappenweise werden ihnen die verschiedenen Arbeiten näher gebracht und erklärt. Denn "in der Praxis lernt man am Besten", heißt die Devise von Norbert Hallmann
Doch neben Arbeitstechniken und Methoden, die sich die jungen Leute im Laufe dieses einen Jahres aneignen, ist es ein weiteres Ziel des Projektes, die Jugendlichen an den normalen Arbeitsrhythmus zu gewöhnen. Das bedeutet beispielsweise, morgens um sechs Uhr aufzustehen und pünktlich zur Arbeit zu kommen. Anfangs sei es sehr schwierig mit der Disziplin gewesen, sagt Hallmann. Vor allem in der Anfangszeit versuchen die Jugendlichen auch zu "tricksen", um nicht zur Arbeit kommen zu müssen. Einmal gab es deshalb sogar eine Kündigung. Der Großteil erkenne jedoch, daß ihnen diese Arbeit nicht schadet, und vor allem, daß sie nicht allein gelassen werden
Am Ende des Jahres müssen die Jugendlichen nochmal in die Schule. In 200 Unterrichtsstunden beschäftigen sie sich mit Umweltschutz und Landschaftsgestaltung, sprechen über aktuelle Themen und machen ein Bewerbungstraining. Martina Kiermasz: "Das ist der Abschluß eines Jahres, das den jungen Leuten helfen soll, einen Arbeitsplatz zu finden." Ein Zeugnis bekommen sie nicht, aber eine Bescheinigung. Und einen kleinen Erfolg gab es schon im letzten Jahr: Ein Jugendlicher bekam einen Job, zwei wurden aufgrund ihrer guten Arbeit übernommen
Aufgenommen in die Online-Ausgabe: Sonntag, 11.07.1999