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Beim Kaplan darf jeder klingeln

Vorgestellt: Roland Elsner, Kaplan in Hoyerswerda

Kaplan Roland Elsner Hoyerswerda -"Entschuldigen Sie, aber wir haben heute keine Handwerker bestellt." Mit diesen Worten habe ihn die Pfarrsekretärin begrüßt, als er mit einigen Jugendlichen aus seiner Praktikumspfarrei Weißwasser, die ihm beim Umziehen halfen, nach Hoyerswerda kam, erinnert sich Kaplan Roland Elsner. Wohl auch wegen der Reklame eines Fliesenlegers auf dem Umzugswagen dachte die Sekretärin gleich an die anstehenden Reparaturen im Pfarrhaus, als sie die Gruppe sah.
Seit Juli ist Roland Elsner nun Kaplan in der nordsächsischen Stadt. Die Arbeiten im Pfarrhaus sind zwar noch nicht abgeschlossen, aber mittlerweile hat es sich herumgesprochen, dass er von Beruf Priester ist -und dass er ab und zu gerne etwas Süßes isst, wie er in seiner Vorstellungspredigt erwähnte: "Ich bin ein Süßer." Am Samstagvormittag kommt deshalb schon mal ein Kind vorbei und liefert den Kuchen ab, den die Mutter für den Kaplan mitgegeben hat.
Dafür ist es sonst meist seine Aufgabe, sich um die jungen Gemeindemitglieder zu kümmern. Für sie hat er in den vergangenen Monaten schon eine ganze Latte von Veranstaltungen auf die Beine gestellt: die Jugendmesse am Mittwochabend, die monatlichen Kindergottesdienste, das Wochenende in Neuhausen unter dem Motto "101 Gründe, im Leben Spaß zu haben", an dem mehr als 40 Jungen und Mädchen aus dem Jugenddekanat teilnahmen.

Die Reihe soll bald noch länger werden: Roland Elsner möchte einen Jugendhelferkreis aufbauen und dafür sorgen, dass der Turnraum und die Bar der Gemeinde bei den Jugendlichen als Treffpunkte beliebter werden.

Ein besonderes Anliegen ist es ihm, die Beziehungen zwischen Deutschen und Polen zu stärken. Er selbst hat beide Staatsangehörigkeiten, stammt aus einer deutschen Familie und ist im heute polnischen Teil Oberschlesiens aufgewachsen. Deutsche, Polen und Tschechen hätten in seiner Heimatstadt Ratibor (Racibórz) ganz selbstverständlich nebeneinander gewohnt, erinnert sich Roland Elsner. In Deutschland hat er hingegen die Erfahrung gemacht: "Je näher man der Grenze ist, desto größer sind die Ängste den polnischen Nachbarn gegenüber." Dennoch hätten sich unter den katholischen Jugendlichen in Hoyerswerda "15 Mutige" gefunden, die im September mit ihm nach Stettin fahren wollten. Als sie dort in der Jugendherberge eine polnische Gruppe kennen lernten, wären sie am liebsten die ganze Nacht aufgeblieben.

Schon in ein paar Tagen hat eine Gruppe aus Hoyerswerda wieder Gelegenheit, junge Polen zu treffen: Am 23. und 24. November will Roland Elsner gemeinsam mit polnischen Jugendlichen und Firmbewerbern aus seiner Gemeinde anfangen, einen alten katholischen Friedhof in der Nähe von Neusalz (Nowa Sól) wieder herzurichten. Erst vor kurzem war dort ein Gedenkstein für die verstorbenen Deutschen aufgestellt worden (der Tag des Herrn berichtete).

Roland Elsner möchte die Jugendlichen seiner Pfarrei aber auch ermutigen, in ihrer unmittelbaren Nachbarschaft neue Kontakte zu knüpfen, etwa zu Gleichaltrigen aus Wittichenau, die zum Teil in Hoyerswerda aufs Gymnasium gehen und bei ihm Religionsunterricht haben. Der Kaplan könnte sich zum Beispiel vorstellen, dass einmal im Monat ein gemeinsamer Gottesdienst stattfindet. Vorurteile möchte Elsner auch gegenüber den konfessionslosen Jungen und Mädchen ausräumen, die regelmäßig in den Jugendtreff "Offene Tür" kommen. Bisher seien die katholischen Jugendlichen der Ansicht: "Da wollen wir nicht hin." Ein geplantes Punk-Rock-Konzert könnte, so hofft Elsner, beide Lager zusammenführen.

Eine Öffnung der Pfarrei hin zu Nichtchristen hält Elsner ohnehin für ihre "einzige Chance, um zu überleben". Es bereitet ihm große Sorgen, dass vor allem junge Hoyerswerdaer Familien in den Westen gezogen sind und damit auch die katholische Gemeinde Mitglieder verloren hat. Deshalb sei es zum Beispiel schwierig, einen Kreis junger Erwachsener zusammenzubekommen.

Bei den Christen, die in Hoyerswerda geblieben sind, hat Roland Elsner aber festgestellt, dass sie ihren Glauben bewusster leben, als er es zum Beispiel aus seiner volkskirchlich geprägten Heimat kennt. Zugleich vermisst der Kaplan bei den Katholiken in Hoyerswerda eine wirkliche Identifikation mit der Gemeinde. Zum Beispiel habe nach dem Allerheiligengottesdienst für das evangelische Gymnasium ein Messdiener zu ihm gesagt: "War das peinlich, vor der ganzen Schule zu ministrieren."

Für Roland Elsner gehört es zu seinen Aufgaben als Priester, anderen Menschen Heimat zu bieten: "Keiner braucht Angst haben, bei mir zu klingeln." Wer in seine Wohnung komme, solle sich dort wie zu Hause fühlen, wünscht sich der Kaplan, und spüren: "Hier kann ich aufatmen. Hier ist einer, der mich versteht." Roland Elsner sieht sich dabei in der Nachfolge Jesu: "Er konnte den Menschen immer das schenken, was sie brauchten -egal, ob das jetzt ein Wunder war oder nur ein Wort." Übertragen auf Hoyerswerda kann das für Roland Elsner zum Beispiel bedeuten, eine Frau in ihrer Muttersprache Russisch anzureden und so ein Lachen auf ihr ernstes Gesicht zu zaubern.

Karin Hammermaier

Dieser Beitrag wurde veröffentlicht in Ausgabe 46 des 51. Jahrgangs (im Jahr 2001).
Aufgenommen in die Online-Ausgabe: Donnerstag, 15.11.2001

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