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Königin Carola von Sachsen lebte die Liebe

Auf den Spuren großer Frauen (3. Teil)

Unter dem Titel "Sie lebte die Liebe" erschien 1975 im St. Benno-Verlag aus der Feder von Johannes Derksen ein Buch über die heilige Hedwig von Schlesien. "Sie lebte die Liebe" kann auch über das Leben der Königin Carola von Sachsen, einer ihrer Nachkommen, geschrieben werden. Carola wurde am 5. August 1833 als Tochter des Prinzen Gustav Adolf von Wasa (1799-1877) und der Prinzessin Luise von Baden (1811-1854) im Schloß Schönbrunn bei Wien geboren und am 7. August im lutherischen Bekenntnis getauft, da ihr Vater der lutherischen Kirche angehörte, während ihre Mutter katholisch war. 1844 wurde die Ehe ihrer Eltern geschieden. Carola blieb bei ihrer katholischen Mutter und verlebte ihre Jugend auf Schloß Morawetz in Mähren. Sie erlernte die tschechische Sprache, um mit den Menschen ihrer Umgebung in deren Muttersprache reden zu können. Jede Woche versammelte sie die Armen im Schloßhof, beschenkte sie und sprach mit ihnen über ihre Anliegen

In Erinnerung an die als Mädchen gesammelten Erfahrungen begründete sie später auf Schloß Morawetz eine Kinderkrippe, das nach ihrer Mutter benannte "Luisenstift", in der die Mütter während sie auf dem Felde arbeiteten, ihre Kleinkinder unterbringen konnten. Zum Andenken an ihren Vater errichtete sie das "Gustavheim" in Niederpoyritz bei Dresden für alte Menschen der umliegenden Landgemeinden. Als Carola mit 18 Jahren auf ihre Konfirmation vorbereitet werden sollte, erklärte sie, daß sie katholisch werden will. Nach langem Zögern gab ihr Vater seine Einwilligung. Am 4. November 1852 wurde Carola in die katholische Kirche aufgenommen. Am 18. Juni 1853 heiratete sie den Prinzen und späteren König Albert von Sachsen. 1854 wurde sie Kronprinzessin von Sachsen. Die damit verbundene gesellschaftliche und wirtschaftliche Stellung nutzte sie in großzügiger Weise für karitative Arbeiten

Durch die Kriege 1866 und 1870/71 erhielt ihr karitatives Streben eine besondere Richtung. Während des Krieges 1866 betätigte sie sich in den Feldlazaretten von Prag und Wien, in denen 5000 Verwundete gepflegt wurden. Nach dem Krieg gründete sie 1867 den "Albertverein". Evangelische und katholische Frauen sollten vor allem für die Krankenpflege und Hilfe in Notständen ausgebildet werden. Sie selbst trat an die Spitze des Vereins, der nach ihrem Mann "Albertverein" genannt wurde. Aus dem Verein erwuchs eine interkonfessionelle Schwesterngemeinschaft die "Albertinerinnen". 1878 wurde als Mutterhaus das "Carolahaus", ein öffentliches Krankenhaus in Dresden-Johannstadt errichtet. Ihm folgten in den kommenden Jahren Gemeindekrankenhäuser und -stationen zur ambulante Krankenpflege in Sachsen

Im Krieg 1870/71 arbeitete Carola in den sächsischen Lazaretten und übernahm die Oberleitung für sämtliche Pflegestellen. Dabei galt ihre Pflege auch französischen Soldaten. Zusätzlich übernahm sie die Korrespondenz mit deren Angehörigen in der Heimat. Ein französischer Gärtner, den sie als Verwundeten pflegte und betreute, benannte eine von ihm nach dem Krieg gezüchtete Rose "Reine de Saxe"

1873 wurde Kronprinz Albert König von Sachsen. Nunmehr hatte sie noch bessere Möglichkeiten und mehr Mittel für ihre karitativen Bemühungen. Wichtig war, daß König Albert ihre Arbeit voll unterstützte. 1893 stiftete er die "Carola-Medaille": "Für hervorragende Leistung auf dem Gebiet der hilfreichen Nächstenliebe"

In der Zeit der Regierung von König Albert 1873-1903 geschah wohl keine karitative Initiative in Sachsen, an der Carola nicht beteiligt war. Sie hatte nicht nur die Leitung des "Albertvereins", sondern führte auch den Zentralausschuß der Frauenvereine des Erzgebirgischen und Vogtländischen Kreises. In diesen Gebieten waren die sozialen Nöte besonders groß. Dazu kam die Leitung in anderen karitativen Einrichtungen. In der Zeit nach 1870 beginnt die große Industrialisierung Sachsens. Mit dem Wachsen der arbeitenden Bevölkerung ist auch ein Anwachsen der sozialen Nöte verbunden. Die Tatsache, daß die Arbeiterfamilien ohne eine warme Mahlzeit am Tage leben mußten, veranlaßte sie zur Gründung von Volksküchen in den sächsischen Industriestädten. In Dresden und Leipzig vertraute sie diese Küchen der Obhut katholischer Schwestern an

Ihre Unterstützung fanden auch die in den großen Schulen der Städte entstehenden "Suppenanstalten" für Schulkinder. Überhaupt galt die Fürsorge von Carola, die selbst kinderlos war, den Kindern in besonderer Weise. Sie errichtete an verschiedenen Orten Sachsens Kinderheime und Kindergärten. In Dresden-Trachenberge gründete sie 1874 aus eigenen Mitteln ein Krüppelheim. Ein Anliegen waren ihr die jungen Fabrikarbeiterinnen, die aus den ländlichen Gegenden Sachsens in die neuen Industriezentren des Landes kamen. Für diese jungen Frauen errichtete sie Heime, beispielsweise in Dresden das Amalien- und Sidonienheim

Eine Geißel für die Menschen der damaligen Zeit war die Tuberkulose. Carola sorgte für die Einrichtung und Unterhaltung von mustergültigen Lungenheilstätten. Darüber hinaus richtete sie für blutarme Frauen und Mädchen aus Dresden und Umgebung im Pillnitzer Schloß eine Erholungsstätte ein, die von Mai bis Oktober für die Frauen zur Verfügung stand

Die katholischen Caritasvereine Sachsens hatten in Carola eine große Helferin. Sie unterstützte die Arbeit der Elisabeth- und Vinzenzvereine durch bedeutende finanzielle Beiträge. Besonders half sie dem Kinderasyl, daß der Vinzenzverein 1905 in Dresden-Striesen, Wittenberger Straße errichtet hatte. Ein glänzendes Zeugnis für ihre Nächstenliebe ist ihr Testament. Einen erheblichen Teil ihres Vermögens bestimmte Carola für karitative Zwecke. Am 15. Dezember 1907 starb Königin Carola in ihrem Haus in Dresden-Strehlen. Carola wollte das "neue Gebot", das Jesus den Seinen gab: "Liebet einander, wie ich euch geliebet habe", erfüllen. Sie war aufgeschlossen für Menschen in Not ohne Rücksicht auf Konfession und Nationalität. In den sozialen Nöten ihrer Zeit sah sie eine Herausforderung, die sie nach Linderung des Elends und Behebung der Not suchen ließ. Sie lebte die Liebe

Siegfried Seifert

Dieser Beitrag wurde veröffentlicht in Ausgabe 29 des 49. Jahrgangs (im Jahr 1999).
Aufgenommen in die Online-Ausgabe: Sonntag, 25.07.1999

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