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Jutta von Sangerhausen

Auf den Spuren grosser Frauen (Teil vier)

Außer der romanischen Ulrichskirche gibt es in Sangerhausen keine Orte mehr, die an Jutta von Sangerhausen erinnern. Die alte Kemenate - Sitz derer von Sangerhausen - in der unmittelbaren Nachbarschaft zur Kirche gelegen, ist längst verschwunden und das alte Schloß, heute Musikschule, wurde erst nach Juttas Sangerhauser Zeit um das Jahr 1260 auf Geheiß des Meißner Markgrafen Heinrich des Erlauchten gebaut. Und Jutta selbst ist vielen unbekannt. Wer war diese Frau, die von Mechthild von Magdeburg zu den großen Heiligen gerechnet wird?

Vermutlich erblickte sie um 1220 das Licht der Welt und heiratete im Alter von zirka 15 Jahren einen Herrn von Sangerhausen. Vorbilder waren für Jutta Hedwig von Schlesien, Elisabeth von Thüringen und ganz gewiß auch Franz von Assisi. Wie sie engagierte sich Jutta für die armen Menschen ihrer Zeit. Werner Seidel aus Sangerhausen äußert in seinem Beitrag über Jutta - erschienen in den Mitteilungen des Vereins für Geschichte von Sangerhausen 1997/1998 - die Vermutung, daß Jutta Elisabeth auch persönlich gekannt haben kann. Jedenfalls half Jutta genauso wie Elisabeth. "So oft es ihre Zeit erlaubte, hat sie im Spital des Zisterzienserinnenklosters als Krankenpflegerin ausgeholfen. Als Witwe führte sie ein herbes und entsagungsreiches Leben", schreibt Werner Seidel. Und wie bei Elisabeth galt auch Juttas besondere Fürsorge den Aussätzigen, so erarbeitet sie unter anderem eine "Ordnung für Aussätzigenhäuser". Darin heißen die Kranken Brüder und Schwestern, sie sollten aus ihrer Mitte einen Meister wählen ... Elfriede Kiel schreibt in ihrem Magdeburger Heiligenbuch dazu: "Die leichter Erkrankten mußten den kränkeren helfen und nach dem Maß ihrer Kraft mitarbeiten. Sie sollten auf diese Weise merken, daß sie nicht nutzlos waren, und so einen Sinn ihres Lebens finden." Elfriede Kiel betonte, daß Jutta im Umgang mit den Aussätzigen weder Ekel, noch Angst vor Ansteckungen hatte

Neben ihrem karitativen Engagement fühlte sich Jutta von der Mystik ihrer Zeit angesprochen, besonders vom Gotteserleben der heiligen Frauen im Kloster Helfta. Eine Glaubenshaltung die Jutta später im Kulmer Land besonders lebte. So wird sie heute nicht nur im Bistum Magdeburg oder vom Deutschen Orden besonders verehrt, sondern auch von vielen polnischen katholischen Christen. Wie aber kam Jutta ins damalige Deutschordensgebiet. Elfriede Kiel gibt Aufschluß: Im Jahr 1256 waren viele Deutschordensleute zu Beratungen nach Sangerhausen gekommen. Unter ihnen war der Landrentmeister in Livland, Anno von Sangerhausen, ab 1257 Hochmeister des Ordens. Allerdings ist nicht geklärt, in welcher verwandschaftlicher Beziehung Anno zu Jutta steht. Jedenfalls teilt Jutta den Ordensleuten ihren Entschluß mit, ins Kulmer Land (Westpreußen) zu gehen. Geleit und Schutz des Ordens lehnt sie ab, sie möchte sich als Pilgerin auf den Weg machen. Auf einen Weg, wo sie wiederum Kranken begegnen wird, ihnen beisteht und ihnen hilft. Nicht anders gestaltet sich ihr Leben im Osten. Vor der Stadt Kulmsee baut sie ein Aussätzigen-Spital auf, selbst lebt sie in einer kargen Klause aus Holz und Lehm

Bekannt ist auch Juttas besondere Nähe zur heiligen Mechthild von Magdeburg. Auf ihrer Reise ins Kulmer Land soll sie Mechthild besucht haben. Diese wiederum - so Elfriede Kiel - war oft in großer Sorge um Jutta. Jesus soll Mechthild daraufhin in einer Vision gesagt haben: "Ist Jutta nicht mein Bote, und habe ich sie nicht gesandt? Mit ihren Gebeten und ihrem Vorbild habe ich sie wie ein Licht hingestellt. Die Flamme muß brennen, und niemand darf sie auslöschen, wenn ich es nicht will."

Der irdische Lebensweg Juttas endet am 12. Mai 1260, in der Georgskapelle des Domes in Kulmsee wird sie aufgebahrt. An ihrem Begräbnis sollen viele Menschen teilgenommen haben und die zu Lebzeiten eingesetzte Verehrung wurde in den Jahren nach ihrem Tod immer stärker. Offiziell heiliggesprochen wurde Jutta - wie übrigens viele andere heilige Menschen ihrer Zeit - nicht. 1634 legt Papst Urban III. jedoch fest, daß die Verehrung von Heiligen, "die sich vordenklich oder hunderjähriger Verehrung erfreuen, nicht abzuschaffen ist." So hat sich auch die Verehrung Juttas erhalten und sie ist weiter Vorbild im Glauben. Wer Sangerhausen besucht, kann sich in der 1116 bis 1123 erbauten Ulrichskirche an Jutta erinnern, diese Kirche ist mit Sicherheit ein Ort, an dem schon Jutta Gottes Nähe gesucht hat

Holger Jakobi

Öffnungszeiten der Ulrichskirche: montags bis samstags von 10 bis 12 Uhr und von 14 bis 16 Uhr, sonntags nur von 14 bis 16 Uhr.

Dieser Beitrag wurde veröffentlicht in Ausgabe 30 des 49. Jahrgangs (im Jahr 1999).
Aufgenommen in die Online-Ausgabe: Sonntag, 01.08.1999

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