Wort der Kirchen in Sachsen zum 1. September 1939
Dokumentation
Dresden (kpi) - In einem gemeinsamen Wort rufen die Kirchen in Sachsen dazu auf, sich im Geist des Friedens und der Versöhnung an den Beginn des Zweiten Weltkrieges vor 60 Jahren zu erinnern. Der 1. September soll Anlass zum ökumenischen Gebet für den Frieden sein. Damit sich die Pfarr- und Kirchgemeinden darauf vorbereiten können, wird dieses Wort jetzt schon bekannt gegeben
Das gemeinsame Wort haben unterschrieben: für die Evangelisch-Lutherische Landeskirche Sachsens Landesbischof Volker Kreß, für die Evangelischen Kirchen der Schlesischen Oberlausitz und der Kirchenprovinz Sachsen die Bischöfe Klaus Wollenweber und Axel Noack, für das Bistum Dresden-Meißen Bischof Joachim Reinelt, für die Bistümer Görlitz und Magdeburg die Bischöfe Rudolf Müller und Leo Nowak und für die Arbeitsgemeinschaft Christlicher Kirchen im Freistaat Sachsen Superintendent Herbert Uhlmann, Vorsitzender des Vorstandes
Die Erklärung der Kirchen zum Kriegsausbruch vor 60 Jahren im Wortlaut:
Am 1. September 1939, 5.45 Uhr, überfiel Deutschland den Nachbarstaat Polen. Damit begann der Zweite Weltkrieg. Besonders grausam war dieser Krieg für die slawischen Völker. Das europäische Judentum wurde nahezu vollständig vernichtet. Millionen wurden zur Zwangsarbeit gepresst. Am Ende dieses Krieges gab es Millionen Tote und Verwundete. Viele verloren ihre Heimat. Nach dem Krieg war die Welt in Machtblöcke gespalten und es kam zur Teilung Deutschlands. In den Jahren des Kalten Krieges standen sich der Osten und der Westen als Feinde gegenüber, bis die politischen Veränderungen nach 1989 in Europa die Chance zu einem friedlichen Zusammenleben der Völker brachten. Miteinander wollen wir uns an den Kriegsbeginn vor 60 Jahren erinnern, denn noch längst nicht sind alle Wunden verheilt, die Menschen an Leib und Seele davongetragen haben. Noch immer sind die schrecklichen Auswirkungen von Gewalt und Terror des Zweiten Weltkrieges zu spüren. Noch immer erschrecken wir darüber, was Menschen anderen Menschen antun konnten und antun können
Die Last der Schuld, die Menschen auf sich geladen haben, kann nicht durch Aufrechnen von Schuld und Unrecht beseitigt werden, wohl aber durch gegenseitiges Vergeben gemildert werden. Die Bitte an Gott um Versöhnung ist allen aufgetragen. Auch heute noch haben wir Deutschen viel Grund, diese Bitte auszusprechen. Wir danken allen denen in Ost und West, die uns sichtbare Zeichen der Versöhnung und des Neuanfangs entgegengebracht haben
50 Jahre nach Ausbruch des Zweiten Weltkrieges begann die Wende zu demokratischen Verhältnissen in unserem Teil Deutschlands. Nun ist es für uns eine gemeinsame Verpflichtung, dass vom wieder vereinigten Deutschland Versöhnung und Frieden ausgehen
Wir bitten die Gemeinden, den noch lebenden Opfern des Zweiten Weltkrieges weiterhin zu helfen, dass alte Wunden heilen können. Wir bitten die Gemeinden, sich tatkräftig für die Erziehung zum Frieden und zum Gewaltverzicht einzusetzen. Wir sind miteinander beauftragt, dem Geist des Friedens und der Versöhnung Raum zu geben, wo immer der Frieden gefährdet ist. Wir bitten alle, in der Hilfsbereitschaft gegenüber den Opfern von Gewalt, Grausamkeiten und Kriegen nicht nachzulassen. Wir rufen auf zum ökumenischen Gebet für den Frieden. Besonders der 1. September 1999 sollte Anlass sein, für die Möglichkeit des friedlichen Zusammenwachsens der Völker in Europa zu danken. Zugleich wollen wir bitten für die Beendigung aller Kriege, um den Frieden für die Völker der Welt und in unserem Land. Was dem Frieden dient, sei Tag für Tag das Anliegen unserer Gebete und das Ziel unseres Handelns. Jesus preist selig, die Frieden stiften
Aufgenommen in die Online-Ausgabe: Sonntag, 08.08.1999