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Bistum Erfurt

Jugendarbeit kontinuierlich fördern

Diskussionsrunde

Erfurt (ep) - Fragen der Jugend- und der Familienpolitik, der Unterstützung freier Träger von Betreuungs- und Beratungsangeboten sowie die Förderung des Ehrenamts waren Themen eines Gesprächs zwischen Vertretern katholischer beziehungsweise christlicher Verbände und der in Thüringen engagierten Parteien CDU, SPD, Bündnis 90 / Die Grünen, FDP und PDS. Zu dem Treffen hatte der Leiter des Katholischen Büros, Ordinariatsrat Winfried Weinrich, am 13. Juli in die Bildungsstätte St. Martin eingeladen

Der Sprecher der Katholischen Landesarbeitsgemeinschaft für Jugendsozialarbeit, der Salesianerpater Franz-Ulrich Otto, wies auf die wichtige Rolle freier Träger bei der Realisierung von Betreuungs- und Beratungsangeboten in der Gesellschaft hin und fragte nach den Chancen besonders der kirchlichen Träger im Freistaat Thüringen. "In der Gesellschaft ist immer häufiger die Rede davon, dass die Zeit der freien Träger vorbei sei", so der Ordensmann, der auch die Heiligenstädter Villa Lampe leitet

Diese Haltung sei unverantwortlich etwa hinsichtlich einer wertorientierten Jugendarbeit. "Wer, wenn nicht die kirchlichen Träger haben im heutigen pluralistischen Warenhaus den Mut, gerade jungen Menschen ein Wertkonzept anzubieten und vorzuleben", sagte P. Otto. Die Zuwendung finanzieller Mittel an freie Träger "ist kein Gnadenakt, sondern steht in der Verfassung". Es gelte, die freien Träger zu stärken und zu stützen. Angesichts auseinander strebender Sonderinteressen der Gesellschaftsgruppen habe die Kirche auf Grund ihrer gruppen- und altersübergreifenden Struktur zudem die gesamte Gesellschaft im Blick und nehme insofern eine "integrierende Funktion" wahr. P. Otto: Dieses Engagement sei vom Subsidiaritätsprinzip gedeckt, wie es im Grundgesetz verankert sei

Der stellvertretende Fraktionsvorsitzende der SPD, Günter Pohl, sprach sich für ein partnerschaftliches Miteinander zwischen Freistaat und freien Trägern bei der Bewältigung der anstehenden Probleme aus. Die Landessprecherin von Bündnis 90 / Die Grünen, Anne Voß, erinnerte an das Votum ihrer Partei, eine jährliche Sozialpauschale an die freien Träger zu zahlen, um deren Arbeit eine gewisse Kontinuität zu sichern

Auch die PDS ist nach den Worten ihrer Landtags-Fraktionsvorsitzenden Brigitte Klaubert für eine Sozialpauschale für Betreuungs- und Beratungsangbote. Auf Nachfrage, was die im PDS-Wahlprogramm geforderte und im Widerspruch zum Kinder- und Jugendhilfegesetz stehende "Gleichstellung der Träger der öffentlichen und freien Jugendhilfe" in Thüringen bedeute, sagte Frau Klaubert: Es gehe dabei um die "Beseitigung der Benachteiligung kommunaler Kindereinrichtungen gegenüber solchen in freier Trägerschaft". Zudem hätten sich "eine Vielzahl von Trägern im soziokulturellen Bereich entwickelt, etwa für Frauen", die eine stärkere Förderung bräuchten. Eine Änderung des Kinder- und Jugendhilfegesetztes im Sinne einer Gleichstellung der freien und der öffentlichen Träger "ist im Moment nicht unsere Aufgabe", so Frau Klaubert

Eindeutig zu Gunsten der Förderung freier Träger sprach sich die stellvertretende Landtags-Fraktionsvorsitzende der CDU, Johanna Arenhövel, aus. "Der Staat soll keine Aufgaben übernehmen, die freie Träger leisten können", so Frau Arenhövel. Es gehe "also eher darum, freie Träger noch besser zu stellen als bisher". Im Gegenzug erwarte die CDU von den Kirchen, "dass sie sich sinnstiftend und wertevermittelnd in die Gesellschaft einbringen". Frau Arenhövel erinnerte daran, dass die CDU für die Jugendpauschale eingetreten sei, die die Anstellung von Mitarbeitern in der Jugendsozialarbeit nicht zuletzt auch in kirchlicher Trägerschaft ermöglicht. Die CDU sei ebenfalls bereit, über eine Sozialpauschale für freie Träger nachzudenken. Voraussetzung sei allerdings, dass die Arbeit kontrollierbar ihr Niveau behalte. Seitens der FDP sprach sich der stellvertretende Landesvorsitzende Andreas Möller klar für die Förderung freier Träger etwa im Bereich der Jugendsozialarbeit im Sinne von "Helfern zur Selbsthilfe" aus. Die FDP bevorzuge in dieser Hinsicht besonders plurale Formen

Der Diözesan-Jugendseelsorger Pfarrer Stephan Riechel forderte von den politisch Verantwortlichen die Absicherung einer "kontinuierlichen, personalen und zielorientierten Jugendarbeit vor allen Sonderprogrammen", weil sie die jungen Leute am besten fördere und zugleich die "beste Prävention" gegen Kriminalität und Drogenabhängigkeit sei. "Wir wollen den jungen Menschen helfen, selbstbewusste, selbstständige, sinn- und wertorientierte Persönlichkeiten zu werden", so Riechel. Doch dafür bedürfe es der kontinuierlichen personalen Jugendarbeit in festen Gruppen und Verbänden. Die eindeutig vorrangige Förderung dieses Bemühens spiele allerdings in den Wahlprogrammen kaum eine Rolle, kritisierte Riechel. Besondere Probleme gebe es für sozial benachteiligte Schüler im Bereich des Übergangs von der Schule ins Berufsleben. Riechel: "Wir brauchen deshalb keine zaghafte, modellhafte Jugendsozialarbeit, sondern solide Rahmenbedingungen, um hier im Sinne von Chancengerechtigkeit helfen zu können." So bedürfe es etwa der rechtlichen Grundlage eines Landesjugendförderplanes für diese Arbeit. Klare Positionen zu diesen Problemen vermisse er jedoch in den Parteiprogrammen, sagte Riechel

Johanna Arenhövel (CDU) unterstrich die Bedeutung einer kontinuierlichen Jugendarbeit und Jugendsozialarbeit und wies zugleich auf Reibungsverluste zwischen Schule, Jugendhilfe und Jugendsozialarbeit im Mühen um die Schüler hin. Die CDU habe aber die Forcierung der Jugendsozialarbeit in ihr Wahlprogramm aufgenommen. Eine hohen Stellenwert messe ihre Partei auch dem "Freiwilligen Sozialen Jahr" als Lernfeld bei, das es eventuell noch auszubauen gelte. Aber auch Sport und Musik seien Möglichkeiten, wie junge Menschen sich entfalten können. Deshalb seien zum Beispiel auch dafür Mittel aus den zur Verfügung stehenden Geldern notwendig

Andreas Möller (FDP) sprach sich für eine langfristig kontinuierliche Jugendarbeit aus. Hinsichtlich der Drogenproblematik gebe es unter den jungen Liberalen Stimmen für die Freigabe weicher Drogen, um Stigmatisierungen zu verhindern. Für Bündnis 90 / Die Grünen kommt den Schulen "als Orten sozialen und ökologischen Lernens" zunehmend mehr Bedeutung zu. Deshalb plädiere die Partei auch für die sechsjährige Grundschule für alle Schüler in einem Klassenverband, sagte Frau Voß. Für Günter Pohl von der SPD kommt es dringend darauf an, den jungen Menschen eine berufliche Perspektive zu eröffnen

Dieser Beitrag wurde veröffentlicht in Ausgabe 31 des 49. Jahrgangs (im Jahr 1999).
Aufgenommen in die Online-Ausgabe: Sonntag, 08.08.1999

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