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Israel ehrt posthum Dominikanerpater Aurelius Arkenau

Auszeichnung

Leipzig (ab) - Die Holocaust-Gedenkstätte Yad Vashem in Jerusalem ehrt bis heute engagierte Menschen, die sich während des Zweiten Weltkrieges und der Zeit des Nationalsozialismus in Deutschland für verfolgte Juden eingesetzt haben und ihnen das Leben retteten. Die Ehrung "Gerechter unter den Völkern" ist die höchste Auszeichnung, die der Staat Israel an Nicht-Juden vergibt. In einer Feierstunde am 5. August in der Kloster- und Pfarrkirche St. Albert zeichnete der Botschafter des Staates Israel, Avi Primor, postum den Dominikaner Pater Aurelius Arkenau mit dieser Ehrung aus. Arkenau verhalf in der Zeit des Naziregimes Verfolgten zum Überleben. Die Urkunde und die Medaille wurden an die Verwandeten von Pater Arkenau, Gerhard und Änne Arkenau, und an die Dominikaner-Provinz Teutonia, zu der der Konvent St. Albert in Leipzig gehört, überreicht

Pater Aurelius Arkenau war in der Zeit von 1940 bis 1946 im Dominikanerkonvent St. Albert in Leipzig-Wahren Oberer und Pfarrer. Er versteckte Juden und andere Verfolgte, half ihnen und rettete sie unter Gefährdung des eigenen Lebens vor dem Tod. In der Laudatio von YAD VASHEM wurde der Prozess deutlich, der Pater Arkenau zum Widerstand gegen ein unmenschliches Regime führte. Wörtlich heißt es: " Pater Aurelius Arkenau war kein Widerstandskämpfer der ersten Stunde. Mit der Machtergreifung der Nationalsozialisten am 30. Januar 1933 verband er zunächst die Erwartung, die Zukunft des Deutschen Reiches nunmehr im Geiste des Christentums mitgestalten zu können..." Die Realität und die Brutalität des nationalsozialistischen Alltags - der er besonders in Berlin begegnete - ernüchteren den Dominikaner jedoch schnell. Weiter heißt es in der Laudatio: " Die Not der - vor allem der jüdischen - Bevölkerung durch den immer offener zutage tretenden Rassismus der Nationalisten, der physische und psychische Terror, der das Leben in den Straßen Berlins beherrschte und schließlich die Legalisierung der zahllosen, von Partei und Staat durchgeführten Morde und Mordaktionen, entlarvten Pater Aurelius' Ideale vom christlich-patriotischen Nationalsozialismus als eine grobe Täuschung. Pater Aurelius wählte den Weg in den Widerstand." Die zitierten Stellen der Laudatio stammen aus der Broschüre "Pater Aurelius Arkenau, die von der Fraktion Bündnis 90 / Die Grünen im Leipziger Stadtrat herausgegeben wurde

Der israelische Botschafter in Deutschland, Avi Primor, betonte, dass der Tag der Ehrung Pater Arkenaus für ihn ein ganz besonderer sei. Zum einen ginge seine sechsjährige Amtszeit in kürze zu Ende, zum anderen werde er am kommenden Tag die neue Botschaft in Berlin einweihen. Er erzählte wie er gefragt wurde, was er zu dieser Einweihung symbolisch tun wolle. Seine Antwort war, er möchte die Gedenkstätte Plötzensee besichtigen. "Das ist die Gedenkstätte des deutschen Widerstandes", betonte er. " Ich bin in Israel geboren, ich hatte nie den Kontakt zum Nationalsozialismus. Ich hatte auch noch nie eine Nazi-Uniform gesehen", gab Primor zu. Aber ihm bleibe immer der Holocaust im Kopf, weil das ein Bestandteil auch seiner Geschichte sei, mit der er aufgewachsen ist. "Deutschland war für uns lange Zeit nur ein weißer Fleck auf der Landkarte. Aber es war unbedingt nötig für uns zu verstehen, dass es auch andere Deutsche gab", sagte Primor. "Denn es gab tatsächlich Menschen, die mutig waren. Es gab Widerstandskämpfer. Aber in Deutschland waren sie noch größere Helden, mutigere Menschen als anderswo!", so der Botschafter

Avi Primor erinnerte daran, dass die Bevölkerung die Widerstandskämpfer nicht immer verstanden habe, aber dass es sie trotzdem gab und sie nie allein waren. Auch Pater Aurelius konnte von einem gewissen Hintergrund profitieren, von dem Orden, von den Menschen und von dem Haus, fährt er fort. "Solche Menschen wie Pater Aurelius Arkenau wollten keine Helden sein, sie haben es einfach deshalb getan, weil sie anständig waren. Das wir solche Menschen ehren ist doch selbstverständlich!"

Der israelische Botschafter sagte auch, dass diese Ehrung nicht nur eine Frage der Pflicht sei, sondern vielmehr eine Lehre und auch Hoffnung für die Zukunft ist. "Nichts in Deutschland hat mir soviel bedeutet, wie solche Menschen zu ehren! Wir sind ihnen zutiefst dankbar", schloss Primor seine Ansprache, die großen Beifall erhielt

Der Kulturdezernent und Beigeordnete im Leipziger Stadtrat, Georg Girardet überbrachte im Namen des Oberbürgermeisters von Leipzig Grußworte. Giradet dankte vor allem denjenigen, die durch ihre Arbeit die Erinnerung an Pater Aurelius wachgehalten haben. Er hob hervor, dass eine posthume Auszeichnung keinesfalls zu spät für den Geehrten komme, sondern dass es gerade heute, in einer noch immer gewalttätigen Welt wichtig sei, öffentlich die Menschen zu würdigen, die sich dem Unrecht entgegenstellten

Der Name von Pater Aurelius Arkenau wird auf der Memorial-Wall im "Garten der Gerechten" in Yad Vashem verewigt werden. Er gehört zu den 430 Deutschen, die bis jetzt diese Auszeichnung erhielten. Im jüdischen Talmud heißt es dazu: "Wer das Leben eines einzigen Menschen rettet, der rettet die ganze Welt."

Dieser Beitrag wurde veröffentlicht in Ausgabe 32 des 49. Jahrgangs (im Jahr 1999).
Aufgenommen in die Online-Ausgabe: Sonntag, 15.08.1999

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