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Aus der Region

Gehörlosenseelsorge in Tschechien ganz am Anfang

Interview

Von den 80 000 gehörlosen Menschen in Deutschland sind über 4000 im Verband der Katholischen Gehörlosen Deutschlands, dem Dachverband der katholischen Gehörlosenvereinen und Seelsorgegemeinschaften vereinigt. Zu diesem Verband gehört der Katholische Gehörlosenverein (KGV) Eichsfeldia, der kürzlich zu einer Internationalen Gehörlosen-Wallfahrt nach St. Marienthal eingeladen hatte. Fragen an den Vorsitzenden Alfons Rogge:

Frage: Der KGV Eichsfeldia hat zu dieser Wallfahrt eingeladen - warum?

Rogge: Jesus hat sich stets um die Armen und Benachteiligten gekümmert. Die Heilung der Aussätzigen, des Gelähmten oder des Taubstummen und des Blinden belegen das. Als Christ kann ich deshalb aus dem Glauben heraus den Benachteiligten in unserem Land und auch in anderen Ländern beistehen. Vor einigen Jahren hörte ich einen Bericht des Prager Kardinals Miroslav Vlk über die Situation der Kirche in seinem Land. Das ging mir derart unter die Haut, dass ich mich fragte, wie es um die Gehörlosenseelsorge in Tschechien steht. Der KGV Eichsfeldia organisiert in jedem Jahr eine eigene Wallfahrt. In diesem Jahr haben wir St. Marienthal als Ort gewählt und dazu auch Gehörlose aus anderen Bistümern und aus Polen und Tschechien eingeladen

Frage: Was war für Sie das Beeindruckendste?

Rogge: Der ganze Tag war ein Erlebnis. Der Gottesdienst mit Weihbischof Georg Weinhold aus Dresden, den Gehörlosenseelsorgern aus den Bistümer, das Bibelspiel der Dresdner Gehörlosen und die Mitwirkung der Gehörlosen bei den Gebärdenlieder und Fürbitten waren beeindruckend. Wichtig war für uns, was der Weihbischof in der Predigt sagte: Wir sollten den Mut haben, den Glauben immer wieder offen zu bezeugen und mit guten Beispiel voranzugehen. Beeindruckend war auch, dass es durch die Gebärdensprache keine Verständigungsschwierigkeiten mit den polnischen und tschechischen Gehörlosen gab. Diese Erfahrungen machen uns viel Mut für die Zukunft

Frage: Welche Verbindungen gibt es denn zu Gehörlosen-Vereinigungen in anderen, besonders osteuropäischen Ländern?

Rogge: Die Wallfahrt war das erste Treffen dieser Art. Ich kann mir gut vorstellen, dass jetzt andere katholische Gehörlosenvereine unserem Beispiel folgen und besonders die Gehörlosen in den osteuropäischen Ländern unterstützen. Unser Treffen sollte zeigen, dass das möglich ist

Frage: Sie wollen künftig beim Aufbau der Gehörlosenseelsorge in Tschechien helfen. Was ist konkret geplant?

Rogge: Die Gehörlosenseelsorge in Tschechien steht noch ganz am Anfang. Eine Lehrerin der Gehörlosenschule in Prag hatte vor einiger Zeit die Initiative ergriffen, in den Gehörlosenschulen Religionsunterricht zu geben. Inzwischen gibt es auch spezielle Gehörlosengottesdienste. Es fehlte aber an religiöser Literatur, die wir inzwischen besorgen konnten. Von den Spenden der Kollekte vom Wallfahrtstag sollen Arbeitshefte für den Religionsunterricht und die Gottesdienste erstellt werden. Außerdem haben wir den tschechischen Gehörlosen ein Faxgerät gespendet. Weitere Hilfen sollen in nächster Zeit überlegt werden. Ich hoffe, dass durch unser Beispiel einiges angeschoben werden kann und viele mit helfen

Fragen: Matthias Holluba

Dieser Beitrag wurde veröffentlicht in Ausgabe 33 des 49. Jahrgangs (im Jahr 1999).
Aufgenommen in die Online-Ausgabe: Sonntag, 22.08.1999

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