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Bistum Görlitz

Ein polnischer Priester im Bistum Görlitz

Bronislaw Marecik

Lübben (mh) - "Wo ich herkomme, gibt es Pfarrgemeinden, die so viele Mitglieder haben, wie das ganze Bistum Görlitz Katholiken zählt", sagt Bronislaw Marecik scherzhaft. Seit über einem Jahr ist der polnische Priester im Bistum Görlitz tätig. Im März 1998 kam er ins Bistum, war bisher Vikar in Lübben und wird demnächst Seelsorger in Schwerin (Dekanat Finsterwalde-Lübben). "Für einen Priester aus Polen sind diese kleinen Zahlen schon gewöhnungsbedürftig", gesteht Bronislaw Marecik, aber: Auch Jesus hat für den Einzelnen Zeit gehabt. Marecik ist 1988 - nach seinem Theologiestudium in Poznan - zum Priester geweiht worden und hat dann ein Jahr in Polen gearbeitet. Schon vor seiner Priesterweihe, seit 1981 gehörte er zur "Gesellschaft Christi für Immigrantenseelsorge", eine Gemeinschaft, die 1932 zur seelsorglichen Betreuung von Polen im Ausland gegründet worden ist. In deren Auftrag war er - ehe er nach Lübben kam - in Düsseldorf und Wuppertal tätig

Auch im Bistum Görlitz kümmert sich Marecik um seine polnischen Landsleute: die Arbeiter, die zwischen Juni und September im Spreewald Gurken ernten. Rund 600 Saisonarbeiter sind es, etwa die Hälfte von ihnen kommt regelmäßig zu den Gottesdiensten. Was nicht ganz einfach ist, denn die Arbeit in der Gurkenernte ist schwer: Täglich sind die Saisonarbeiter von sechs Uhr morgens bis 20 Uhr abends für fünf bis sieben Mark in der Stunde auf den Feldern - auch am Sonntag. Aber: Der Gottesdienst ist ihnen wichtig, das haben sie gleich am Anfang klargestellt

Die Hauptarbeit für Vikar Marecik aber ist die Pfarrseelsorge. "Die Gemeinden im Osten sind lebendig und wie eine große Familie. Das gefällt mir sehr gut. Fehlt zum Beispiel im Sonntagsgottesdienst die gewohnte Banknachbarin, dann erkundigt man sich gleich, was denn los sei." Sorgen macht er sich allerdings über die immer kleiner werdenden Zahlen. "Trotzdem muss man hoffen, denn Kirche ist auch Sache Gottes", sagt er einfach. Und noch einen anderen Unterschied zwischen Ostdeutschland und Polen unterstreicht Marecik: "In Polen hat ein Priester eine herausgehobene Position. Das ist hier nicht so. Hier bin ich als Priester wirklich Diener."

Was fällt ihm sonst noch auf -als Pole, der beide Teile Deutschlands kennt? Ein wenig ärgert er sich über die Einstellung von Ostdeutschen gegenüber seinen Landsleuten: "Im Westen sind die Polen als gute Arbeiter sehr geschätzt." Im Osten hielten sich manche Leute für etwas Besseres. Zwar gebe es auch viele gute Kontakte zwischen Ostdeutschen und Polen, die wichtig für die Zukunft seien, aber "es gibt auch Leute, die hier ganz nahe an der Grenze leben und noch nie in Polen waren. Selbst Jugendliche haben mich gefragt: Was sollen wir denn dort?" Eine Haltung, die Marecik nicht verstehen kann. Ein wenig stolz erinnert er in diesem Zusammenhang an die Rolle, die Polen beim Zusammenbruch des ehemaligen Ostblocks gespielt hat: "Der Anfang der Demokratie war in Polen." Ohne Polen und den Papst wäre für ihn die Demokratie im Osten Deutschlands so nicht möglich gewesen

Dieser Beitrag wurde veröffentlicht in Ausgabe 34 des 49. Jahrgangs (im Jahr 1999).
Aufgenommen in die Online-Ausgabe: Sonntag, 29.08.1999

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