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Bistum Erfurt

Religionsunterricht am Samstag

Modellprojekt

Erfurt / Neustadt (per) - Aufgrund der extremen Diasporasituation (ein Prozent katholische Kinder!) in einzelnen Regionen des Erfurter Bistums können bisher einige Schüler keinen schulischen katholischen Religionsunterricht besuchen. Das soll sich ändern. Das Thüringer Kultusministerium (TKM) unterstützt erstmals im jetzt beginnenden Schuljahr ein Projekt, das die katholische Gemeinde im ostthüringischen Neustadt (Orla) bereits seit drei Jahren kirchlicherseits praktiziert, und erkennt den dort angebotenen Religionsunterricht zunächst für ein Jahr als Schulfach an

Die Diaspora-Gemeinde begann 1996 angesichts weniger katholischer Schüler und zusätzlich rückläufiger Geburtenzahlen einen Religionsunterricht in ihren Räumen anzubieten, der einmal im Monat ganztägig am Samstag stattfindet und von einer Stunde an einem Wochentag zwischen den Unterrichtssamstagen ergänzt wird. Die Schüler aus sieben Ortschaften kommen dazu jahrgangs- und klassen- stufenübergreifend zusammen

So ein monatlicher Unterrichtssamstag beginnt um 9 Uhr mit einem Morgengebet. Anschließend finden sich die Schüler der Jahrgänge 2 bis 7 in drei klassenstufenübergreifenden Gruppen zusammen. Der dreistündige Unterricht behandelt die Themen des geltenden Lehrplans und ist für die Schüler obligatorisch. Am Nachmittag werden die Themen bei Spaß und Spiel vertieft. Nach einem thematischen Wortgottesdienst endet der Tag mit gemeinsamem Kaffeetrinken. Die Idee für diese Form des Religionsunterrichts ist nicht neu. Sie stammt aus den skandinavischen Ländern und wurde bereits zu DDR-Zeiten in Gemeinden versucht

Mit der Durchführung dieser Form des Unterrichtes soll dem verfassungsmäßig und im Thüringer Schulgesetz rechtlich garantierten Anspruch auf Erteilung des Unterrichtsfaches "Katholischer Religionsunterricht" Rechnung getragen werden. Die vom TKM geforderten Verwaltungsvorgaben (14 Schüler pro Klassenstufe / acht Schüler für zwei Klassenstufen) können unter den gegebenen Umständen auf andere Weise nicht erreicht werden. Wie die Leiterin des Referats Bildungsplanung und -organisation, Christina Kindervater, zudem sagte, will das TKM das Modell im kommenden Jahr erproben und prüfen. Eine Fortführung dieser Form katholischen Religionsunterrichtes als Schulfach in den nächsten Jahren werde von der Beurteilung aller Beteiligten abhängen

"Entscheidend", so Annegret Beck, Schulreferentin im Bistum Erfurt, "ist das Engagement der Eltern. Von deren Einverständnis, auf den Samstag als gemeinsamen Familientag zu verzichten, hängt das ganze Projekt ab." Sie seien es auch, die zuerst die Sorge dafür tragen müssten, dass ihr Kind zum schulischen katholischen Religionsunterricht angemeldet ist und daran regelmäßig teilnimmt. Zudem bedürfe es im Rahmen des Projekts auch ihrer Bereitschaft, selbst vier Mal im Jahr am Samstagnachmittag an einer Eltern-Kind-Katechese teilzunehmen

Zum Unterricht gehören selbstverständlich Schulnoten, Leistungskontrollen, längerfristige Hausaufgaben sowie die Aufsicht der zuständigen staatlichen Schulämter

Frau Beck berichtet von ersten Erfahrungen in Neustadt/Orla, die zeigen, dass das Modellprojekt Religionsunterricht genügend Schüler zusammenführt, um katholischen Religionsunterricht durchführen zu können. Zugleich sei dabei "eine Unterrichtsatmosphäre entstanden, die das Selbstbewusstsein der Schüler und die Verantwortlichkeit füreinander stärkt". "Die Tatsache, dass alle beteiligten Schüler, Eltern und Lehrer in Neustadt (Orla) dieses Projekt befürworten", so Frau Beck, "hat dafür gesorgt, dass dieses Projekt in diesem Schuljahr auch in Weida durchgeführt wird."

Im Augenblick wird der Unterricht noch ausschließlich von kirchlichen Mitarbeitern gestaltet, deren Ausbildung den Vereinbarungen des Gestellungsvertrags für den Religionsunterricht entspricht. Es ist aber auch denkbar, staatliche Religionslehrer/innen auf freiwilliger Basis in dieses Projekt zu integrieren

Dieser Beitrag wurde veröffentlicht in Ausgabe 35 des 49. Jahrgangs (im Jahr 1999).
Aufgenommen in die Online-Ausgabe: Sonntag, 05.09.1999

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