Den Farben des Lebens auf der Spur
Ökumenische Jugendtage
Uhyst - An der Wand im Uhyster Pfarrhaus hängt eine große Papierbahn. Darauf sind die wichtigsten Wendungen des Alltags, wie Begrüßung und Abschied, auf Englisch, Deutsch, Polnisch, Tschechisch und Ukrainisch geschrieben. So können die zwölf Teilnehmer des ökumenischen Work-Camps im ostsächsischen Uhyst - neun junge Frauen und drei Männer - täglich nachlesen. Für die Verständigung hätten sich die Jugendlichen aus Polen, der Tschechischen Republik, der Ukraine, aus Litauen und Deutschland auf Englisch und Deutsch geeinigt, erzählt Stephanie Wuttke. Gemeinsam mit dem zwei Jahre älteren Studenten Mario Lorenz leitet die 20-jährige Studentin der Sozialpädagogik und katholischen Theologie das Camp. Damit sind die beiden ebenso alt wie die Teilnehmer. 14 Tage lang haben sie sich unter dem Motto Farben des Lebens"; zu gemeinsamer Arbeit, Spiel und Gesprächsrunden getroffen
So bunt wie die Nationen sind auch die Konfessionen: evangelisch, russisch-orthodox, griechisch- und römisch-katholisch. Auch Konfessionslose seien dabei, sagt Stephanie Wuttke. Organisiert wird das jährlich in einem anderen ostdeutschen Ort stattfindende Camp von der evangelischen Kirche Berlin-Brandenburg. Dass sie als Katholikin schon zum zweiten Mal die Leitung übernehmen konnte, sei kein Problem gewesen, sagt Stephanie Wuttke
Konfessionelle Offenheit sei ein Prinzip des Camps. Das Treffen soll der Horizonterweiterung dienen."; Nicht nur was die Länder, sondern auch was die Religionen betrifft. Neues darüber erfahren die Teilnehmer vor allem in den täglichen Gesprächen. Sie habe hier schon einiges über den Unterschied zwischen katholischer und orthodoxer Kirche gelernt, sagt Corinna Kuhnt, evangelische Christin aus Neuruppin. Wir kennen ja meist nur den zwischen evangelisch und katholisch.";
Eine politisch und christlich orientierte Begegnungsmöglichkeit für Jugendliche aus Ost und West"; sollten die seit den 50er Jahren veranstalteten Treffen ursprünglich sein, erzählt Stephanie Wuttke. Jugendliche aus Westeuropa indes sind nicht gekommen. Dafür ist der Zuspruch aus Osteuropa, vor allem aus Polen, so groß, dass wir einigen sogar absagen mussten."; Die osteuropäischen Jugendlichen bekommen einen Fahrtkostenzuschuss und müssen den Teilnehmerbeitrag von 70 Mark nicht zahlen. Sonst wäre es für die meisten gar nicht möglich zu kommen.";
Fünf Stunden täglich arbeiten sie im nahen Taucherwald. Die Arbeit gehört dazu";, sagt Stephanie Wuttke. Das schmiedet zusammen."; Auf einer Lichtung befreien sie mit Sicheln junge Baumstecklinge vom Unkraut, das dazwischen wuchert. In den 80er Jahren befand sich an dieser Stelle ein Exerzierplatz.1983 waren im Taucherwald unter strengster Geheimhaltung sowjetische Atomraketen stationiert worden. 1988 verschwanden die Nuklearwaffen. Doch noch bis 1991 blieb der Wald militärisches Sperrgebiet. Jetzt helfen die Teilnehmer des WorkCamps mit, ihn zum Erholungsgebiet umzugestalten
Zdenek Mista aus der Tschechischen Republik, der keiner Kirche angehört, möchte hier vor allem neue Freunde kennenlernen. In einer gemeinsamen Runde hätten sie über die Symbolik der liturgischen Farben in den einzelnen Religionen gesprochen, erzählt die polnische Katholikin Anna Blaton. Mit Irene Lokhman aus dem ukrainischen Lwiw kann sie sich auf Polnisch verständigen. Ansonsten spricht Irene nur Englisch. Am sonntäglichen evangelischen Taufgottesdienst in der Uhyster Kirche hat die griechisch-katholische Christin wie alle anderen auch teilgenommen. Das ist ganz im Sinne von Pfarrer Andreas Blumenstein. Denn seine Autobahnkirche hat er seit der Übergabe 1996 ausdrücklich für alle Konfessionen geöffnet. Tomas Gärtner
Aufgenommen in die Online-Ausgabe: Sonntag, 19.09.1999