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Bistum Magdeburg

Signal gegen reines Kommerzdenken

Pflegeheim Haldensleben

Haldensleben (dw) - Der 90-jährigen Marie Staude treten noch heute die Tränen in die Augen, wenn sie erzählt, wie sie vor 54 Jahren ihre sudetendeutsche Heimat verlor. Wie ihr geht es einigen der 25 Bewohner im Haldenslebener Caritas-Altenpflegeheim St. Josefinum

Die Kirche hat dazu beigetragen, dass sie nach der Vertreibung Fuß gefasst haben in Haldensleben oder in Nachbarorten und dass sie hier ein Stück weit heimisch geworden sind. Im Alter haben sie im Heim der katholische Kirche Geborgenheit gefunden

Die Mitarbeiter des Josefinums, des Caritas-Verbandes und seit ihrer Gründung 1994 die Caritas-Trägergesellschaft St. Mauritius haben sich gemeinsam mit den beiden katholischen Gemeinden in Haldensleben dafür eingesetzt, die nach rein wirtschaftlichem Maßstab unrentab-le kleine Einrichtung zu erhalten. Die Bewohner des Josefinums sollten auf keinen Fall ein weiteres Mal aus ihrer gewohnten Umgebung gerissen werden

Dass ein Weiterbetrieb in dem alten, verwinkelten und damit für die Pflege schwerkranker Menschen denkbar ungeeigneten Haus nicht möglich sein würde, war bereits kurz nach der Wende klar. Die Bemühungen um einen Neubau in unmittelbarer Nähe waren nicht einfach. Schließlich hat der Landkreis sein Soll an Pflegeplätzen bereits erfüllt; sogar in Sichtweite des Josefinums gibt es bereits eine öffentlich geförderte Altenpflegeeinrichtung

Dass am zweiten September im bereits fertigen Rohbau des neuen St. Josefinums Grundsteinlegung gefeiert werden konnte, ist für Heimleiterin Angelika Stadolka, ihre Mitarbeiter und manchen Bewohner ein kleines Wunder. Bis zum Jahresende soll das 4,5 Millionen Mark teure neue Haus mit 30 Plätzen und einem Gemeinschaftssaal fertig werden. Hildegard Tietze, die seit 24 Jahren im St. Josefinum wohnt, freut sich ganz besonders auf den Fahrstuhl im neuen Haus und darauf, sich dort ganz ohne Hilfe bewegen zu können. Fast alle Festredner richteten ihren Blick auf die 70jährige Tradition der Einrichtung, die von Elisabeth-Schwestern ins Leben gerufen worden war. Zunächst leiteten sie im Haus einen Kindergarten und eine ambulante Pflegestation, erst 1944 kam ein Altersheim hinzu. Nicht zuletzt sollte mit der Förderzusage gewürdigt werden, dass das Josefinum jahrzehntelang ohne staatliche Förderung betrieben worden ist

Der Magdeburger Caritasdirektor Franz Jorgol verwies auf das enge Miteinander mit der Kirchengemeinde vor Ort und erwähnte auch das überdurchschnittliche Engagement der Mitarbeiter, die die alten Menschen über viele Jahre hinweg auf ihren Schultern geschleppt"; hätten. Ihre Liebe und ihr Engagement sollten sie mit hinübernehmen in das neuentstehende Gebäude, wünschte Jorgol den Pflegerinnen und Helfern. Mit dem Bau eines solchen Hauses könne die Kirche ein Zeichen für die Liebe Gottes zu den Menschen setzen, ein Signal gegen die Überbetonung gewinnorientierten Denkens. Im Pflegeheim Sandau werde die Caritas im Oktober den Grundstein für einen Neubau legen, der sogar völlig ohne Landesförderung finanziert wird. Der Haldenslebener Ortsbürgermeister bestätigte ihn in diesen Gedanken. Vielerorts sei der Altenhilfegedanke zum reinen Kommerz mutiert, kritisierte der Bürgermeister

Hoffentlich gelingt es, die familiäre Atmosphäre auch im Neubau zu erhalten";, wünscht sich die Haldenslebener Pflegedienstleiterin Elke Nebelung. Die schweren Arbeitsbedingungen waren für sie immer zweitrangig. Für sie ist das alte Haus erfüllt mit ungezählten schönen Erinnerungen

Dieser Beitrag wurde veröffentlicht in Ausgabe 37 des 49. Jahrgangs (im Jahr 1999).
Aufgenommen in die Online-Ausgabe: Sonntag, 19.09.1999

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