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Bistum Erfurt

Auszug aus der Bischofspredigt

Bistumswallfahrt

Gottes Segen hat etwas mit Solidarität zu tun: der Solidarität Jesu Christi mit uns, ...und mit der Solidarität, die wir auf Jesu Geheiß einander schenken sollen, damit wir so füreinander zum Segen werden kön-nen. ..

Gottes Segen ist bleibender Segen - unaufhebbarer Segen, Segen, der nicht - wie oft bei uns Menschen - widerrufen wird. ... Diese Treue, auf die in Zeit und Ewigkeit Verlass ist, bringt allein Gott auf. Das kaufe ich Jesus Christus ab, denn er hat selbst auf diese Treue des Vaters im Himmel, auf seinen Segen gebaut - und er ist durch den Tod ins Leben gegangen, als der Auferstandene, als der über Raum und Zeit hinaus uns ganz nahe Menschenbruder, der nicht nur im Himmel ist, sondern durch den Glauben in jedem von uns anwesend ist. Christus gewinnt Gestalt in uns, wenn wir so leben, wie er gelebt hat: frei von Angst, zu kurz zu kommen, sorglos inmitten der vielen Sorgen, weil wir uns von Gott gehalten wissen, aufrecht und in Würde, trotz aller Bosheit, die uns klein und würdelos machen will, liebend und hoffend, weil wir nicht mehr ständig uns selbst in den Mittelpunkt rücken müssen und wie in einem Spiegelkabinett immer nur uns selbst sehen. ..

Darum müssen wir auf Jesus Christus schauen. Wir müssen Maß nehmen an seinem Leben, seinem Denken, Fühlen und Urteilen. Gottes Segen gilt den "christusförmigen" Menschen, denn Gott hat - wie die Schrift sagt - uns "in ihm gesegnet". Nicht eine bloß formale Kirchen-Zugehörigkeit wird uns retten, sondern die Christus-Zugehörigkeit! Wer diese wirklich anstrebt, und mag sie noch so vorläufig und unvollkommen sein, der darf wissen: Gott wird ihn dann so ansehen, wie er Jesus Christus ansieht: als zu ihm gehörig. Familienangehörige lässt man nicht im Stich! Die Eintrittskarte für den Himmel ist die Christusverwandtschaft. Die Taufe, die wir in der Kirche empfangen, ist der Anfang dieser Zugehörigkeit zu Christus. In unserem Lebensalltag, wo Glaubenskraft, wo Hoffnung und Liebe gefragt sind, muss sich die Christusverwandtschaft in uns bewähren - und die Vollendung der Gemeinschaft mit Christus, das wirkliche "Familienfest" im Haus des dreifaltigen Gottes haben wir noch vor uns!

Aber - und damit sind wir beim zweiten Aspekt des Segens Gottes: Dorthin komme ich nicht allein! Füreinander zum Segen werden - darin hat Gottes Segen seinen Zielpunkt. Man könnte den ganzen Sinn des Christentums, den Kerngehalt seiner Lehre in das kleine Wörtchen "für" fassen. Wie unser Herr "für uns und für alle" - "pro nobis et pro multis" - sein Blut vergossen hat, so gibt es auch für uns nur Leben und Zukunft - eben Segen, wenn dieses Wörtchen "pro" / "für" von uns allen jeden Tag neu buchstabiert wird. ..

Es ist ein Segen, dass es dich in meinem Leben gibt! Sagt es einander wieder einmal - ihr Eltern den Kindern, ihr Eheleute einander, ihr Jungen den Alten, ihr Gesunden den Kranken. Es ist wichtiger, dass wir einander haben, als dass wir viele Dinge haben! ..

"Ich will euch Segen sein" - Das ist ein gutes Leitwort nicht nur für das Leben in Ehe und Familie. Das ist eine treffliche Lebensmaxime nicht nur für Pfarrer, Bischöfe und Ministerpräsidenten. Das ist ein Wort, das unser aller Leben durchtränken muss, ob wir im Rampenlicht der Öffentlichkeit stehen oder ganz einfache Bürger und Christenmenschen sind. Einander zum Segen werden - so wird Gottes Segen erfahrbar, gleichsam konkret berührbar, so werden Ängste und Einsamkeiten überwunden, so wird Zuversicht geweckt und Hoffnung belebt

(Bischof Joachim Wanke)

Dieser Beitrag wurde veröffentlicht in Ausgabe 38 des 49. Jahrgangs (im Jahr 1999).
Aufgenommen in die Online-Ausgabe: Sonntag, 26.09.1999

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