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Bistum Magdeburg

Den Glauben vorschlagen

Magdeburg: Christen aus Frankreich und Deutschland im Dialog

Die Kraft des Dialogs Magdeburg (ep) -"Den Glauben vorschlagen in der heutigen Gesellschaft". So lautet das Leitwort einer missionarischen Bewegung in der Katholischen Kirche Frankreichs. Am vergangenen Wochenende war die Initiative Thema eines deutsch-französischen ökumenischen Kongresses in Magdeburg, bei dem es nicht zuletzt auch um die Situation des Glaubens in den neuen Bundesländern ging. Die Idee dazu war im vergangenen Jahr entstanden, als in Freiburg auf Initiative des Missionswissenschaftlichen Instituts Missio Aachen ein Kongress stattfand, bei dem die französische Initiative der deutschen Öffentlichkeit vorgestellt wurde. Am Ende ergab sich die Frage, wie es angesichts der guten französischen Erfahrungen in Deutschland weitergehen kann, sagt Referentin Hadwig Müller, die den Kongress initiierte und durchführte. Damit war der Gedanke gefasst, sich der "ostdeutschen Realität" hinsichtlich des Glaubens zu öffnen.
Dieser Realität sahen sich nun 130 Teilnehmer in Magdeburg gegenübergestellt, konfrontiert in Form von Referaten und Statements von Fachleuten, konfrontiert vor allem aber im Austausch in kleinen Gruppen. In einem Grußwort rief der Magdeburger Ortsbischof Leo Nowak den Teilnehmern zu: "Ihr seid hier angesichts unserer Situation in einem Umfeld von 80 Prozent Ungetauften goldrichtig". Und hatte damit bereits den Einstieg in die Begegnung zwischen der kirchlichen Situation in Frankreich und der in den neuen Bundesländern gegeben.
Diese Situation beschrieb der Erfurter Philosoph, Theologe und Priester Eberhard Tiefensee mit seiner These von der großen Zahl der "religiös unmusikalischen Ostdeutschen" durchaus einprägsam und stieß vor allem bei westdeutschen und französischen Teilnehmern auf erheblichen Widerspruch. Ob Menschen denn wirklich ohne Gott auskommen könnten oder sich ihre Religiosität doch nur in vielleicht verschütteter, bruchstückhafter Weise zeige, wurde zum Beispiel gefragt. In ähnlich markanter Weise stellte der Ordensmann Alain Taillard von der Benediktinerabtei La Pierre qui vire in Nordburgund die Überlegungen des Religionssoziologen Jean-Marie Donégani vom Institut Catholique in Paris vor. Donégani hat in den 80er Jahren mittels psychologischer Methoden qualitative Untersuchungen zur Religiosität in der Gesellschaft durchgeführt und ist dabei zu einer positiven Sicht der modernen Gesellschaft gelangt, in der Religion und Christentum keineswegs verschwunden seien, wie Referentin Hadwig Müller in ihrer Hinführung zu dem Vortrag erläuterte. Pater Taillard, Donégani referierend: "Was heute begehrt wird, ist weniger ,die' objektive Wahrheit als vielmehr persönliche Authentizität. Wahrheit: Das ist das, was mir erlaubt ,ich' zu sagen. Sagen, wer Gott, wer Christus für mich ist. Alles ist auf die Erfahrung bezogen, weil dem Subjekt in unserer Gesellschaft eine nie dagewesene Bedeutung zukommt."

Glaubensverkündigung müsse sich darauf einstellen und dies um so mehr, als es den am Prozess "Den Glauben vorschlagen" beteiligten Christen darum geht, nicht zu fragen "Was wird aus unserer Kirche?", sondern "Was wird aus unserer Gesellschaft?", was dem Evangelium selbst diene. Taillard mit Donégani: Angesichts der "Krise der Vermittlung des Glaubens" werde der erfolgreich das Evangelium weitersagen, dem es darum geht, "Menschen zu Zeugen zu machen" und sie "zu befähigen, einen Weg zu erfinden, auf dem sie sowohl zu ihrer Tradition als auch zu ihrer Welt stehen" können.

"Den Glauben vorschlagen" in Frankreich und in den neuen Bundesländern -dieses Anliegen kam bei dem Kongress vor allem in den zehn Arbeitsgruppen am Samstag zur Sprache. Eine ungenügend strukturierte Podiumsdiskussion am Freitagabend war hingegen wenig hilfreich. In den "Ateliers" genannten Gruppen tauschten sich die Teilnehmer zu Themen wie "Christliche Ansprechbarkeit in der Stadt", "Gemeinde im Gespräch mit ihrem gesellschaftlichen Umfeld", "Schulen und ihre Herausforderung zum Gespräch" aus. Dabei kamen immer wieder Haltungen zur Sprache, die nötig sind, um "den Glauben in der heutigen Gesellschaft vorschlagen" zu können: Räume der Begegnung schaffen, den Anderen ernst nehmen und hören, was ihm gut tun könnte, nicht die eigene Sicht des Lebens und Glaubens aufdrängen, aber sagen, was einem der eigene Glaube bedeutet und was ihn ausmacht.

Als Antwort, wie es weitergehen soll, könnte sich abzeichnen, was in Magdeburg vielleicht zu kurz kam: Eine Besinnung da-rauf, welcher Glaube es ist, der der Gesellschaft vorgeschlagen werden kann. Ein Nachdenken darüber könnte, wenn dies von Teilnehmern und weiteren Inte-ressierten angeregt würde, viel-leicht in Frankreich stattfinden, gibt Frau Müller zu bedenken, die in Zusammenarbeit mit der Katholischen Akademie Magdeburg und anderen den Kongress durchgeführt hat.

Dieser Beitrag wurde veröffentlicht in Ausgabe 47 des 51. Jahrgangs (im Jahr 2001).
Aufgenommen in die Online-Ausgabe: Donnerstag, 22.11.2001

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