Gedenkstunde für polnische Märtyrer
Zeichen der Versöhnung
Dresden - "Bei uns liegen Märtyrer begraben, und wir wussten es nicht!" So wie Bischof Joachim Reinelt ging es wohl allen Dresdner Katholiken. Und bis heute wissen vermutlich immer noch nicht viele Dresdner, dass unter den 108 Märtyrern aus der Zeit des Zweiten Weltkriegs, die Papst Johannes Paul II. am 13. Juni diesen Jahres in Warschau selig gesprochen hat, auch sechs junge Männer sind, die in Dresden am Münchner Platz hingerichtet wurden. Diese jungen Märtyrer - zwischen 20 und 32 Jahre alt waren sie, als sie ermordet wurden - hatten sich in der katholischen Jugendarbeit des Salesianer Oratoriums in Posen engagiert, Bruder Gregor Frackowiak gehörte den Steyler Missionaren an. Für jeden von ihnen wurde am 19. September bei der Feierstunde am Münchner Platz in Dresden eine Kerze entzündet
Sie schlagen nun eine Brücke zwischen Deutschen und Polen - der Gottesdienst am 19. September in der Kathedrale in Dresden und das anschließende Gedenken am Münchner Platz haben dies eindrücklich gezeigt: Neben Bischof Joachim Reinelt waren Bischof Jerzy Mazur aus Irkutsk (Sibirien) und polnischer Steyler Missionar, sowie die Provinziale P. Werner Prawdzik von der Norddeutschen Provinz, P. Eugeniusz Sliwka von der Polnischen Provinz der Steyler Missionare und Provinzial P. Herbert Bihlmeyer von der Süddeutschen Provinz der Salesianer Don Boscos anwesend
Dass das Zeugnis der jungen Märtyrer über die kirchliche Dimension hinaus reicht, machte der polnische Generalkonsul Jan Granat aus Leipzig deutlich: "Gedenken allein reicht nicht aus, um die Schrecken der Vergangenheit zu überwinden. Wir, die Gegenwärtigen, die zwischen den Totenaschen der Kriegsopfer leben, schulden ihnen gemeinsam eine bessere Zukunft in Frieden. Wir müssen auch trotz der tragischen Vergangenheit Verständigung und Partnerschaft aufbauen." Und er beendete seine Ansprache mit der Bitte an die Anwesenden, einander die Hände zu reichen - eine spürbare Geste der Versöhnung
Eine ähnliche "Geste" war sicherlich die Unterbringung der Mitglieder des Chores der Pfarrei St. Margarethe aus Gostyn bei Posen in Familien der katholischen Pfarreien Dresden-Löbtau und Dresden-Cotta
Nicht vergessen wurde auch Pater Franz Bänsch, der von 1941 bis 1945 Gefängnisseelsorger am Münchner Platz war und diese sechs jungen Männer - wie viele andere - zu ihrer Hinrichtung begleitete. Was seine Begleitung diesen bedeutete, ist aus ihren letzten Briefen zu erahnen: "Bei der Hinrichtung wird mich der Priester segnen", schrieb Czeslaw Jbzwiak
Erst seit kurzem ist auch die Grabstätte der fünf jungen Märtyrer aus Posen bekannt: auf dem Neuen katholischen Friedhof. Auf Wunsch von Bischof Reinelt soll dieser Ort besonders auch jungen Christen bekannt gemacht werden und dort am 2. November eine Gedenkstunde stattfinden. Elisabeth Meuser
Aufgenommen in die Online-Ausgabe: Sonntag, 03.10.1999