Caritas will Sprachkurse weiterführen
Ausländer
Halle (dw) - "Kommunikation ist kein Luxus, sie ist lebensnotwendig", sagt Winfried Weber. Der Geschäftsführer des Caritasverbandes für die Stadt und das Dekanat Halle sorgt sich um die Zukunft der Caritas-Sprachkurse für Ausländer
Wie die meisten sozialen Dienste freier Träger sind diese Kurse von massiven Sparplänen der Stadt Halle betroffen, die sogar rückwirkend für das laufende Jahr angekündigt wurden. Grundsätzlich hat Winfried Weber zwar Verständnis für die finanzielle Zwangslage, in der sich die Stadt befindet. Im Falle der Sprachkurse sieht er jedoch eine Schmerzgrenze überschritten
Der Caritasverband bietet in Halle parallel sechs bis sieben Sprachkurse für jeweils 15 bis 20 Kriegsflüchtlinge und noch nicht anerkannte Asylbewerber an. Die Kurse richten sich an Teilnehmer mit unterschiedlichen Vorkenntnissen, zum Angebot gehört auch ein Lese- und Schreibkurs für Männer und Frauen aus Kulturräumen, die das lateinische Alphabet nicht kennen
Einen gesetzlichen Anspruch auf Sprachkurse haben Flüchtlinge und Asylbewerber, anders als Aussiedler aus Osteuropa, nicht. Die Caritasmitarbeiter halten es jedoch für wichtig, dass sich Menschen, die in der Regel monate- oder sogar jahrelang in Deutschland leben, hier auch verständigen können
Sie haben ein großes Mitteilungsbedürfnis, von den Gründen und Erfahrungen ihrer Flucht zu erzählen, weiß Winfried Weber. Viele Vorurteile zwischen Deutschen und Ausländern setzten sich fest, weil keine Kommunikation stattfindet
Wenn Asylbewerber erst nach erfolgreichem Abschluss ihres Anerkennungsverfahrens die Möglichkeit hätten, Deutsch zu lernen, ginge ihnen weitere Zeit verloren, die sie besser für die Suche einer Arbeitsstelle nutzen könnten. Als er kürzlich den erfolgreichen Absolventen der zu Ende gegangenen Kurse die Abschlusszertifikate überreichte, äußerten mehrere ihren Dank "an die Caritas und die Bundesrepublik Deutschland"
Die Förderung der Stadt Halle sei schon bisher so gering gewesen, dass die Caritas den examinierten Lehrkräften nur zehn Mark pro Stunde als Honorar zahlen konnte, bedauert Weber. Für Sachkosten gab es keinerlei Zuschüsse. Angekündigt sind nun weitere Kürzungen in Höhe von 20 Prozent. "Sollen wir denn die Lehrer, die ohnehin schon weniger verdienen als Reinigungskräfte, nun mit acht Mark in der Stunde abspeisen?", fragt er
In einem Brief an den Oberbürgermeister von Halle, Klaus Rauen, hat er vor zwei Wochen gemeinsam mit seinen Mitarbeitern seine Besorgnis zum Ausdruck gebracht. Bis Redaktionsschluss befand sich der Bürgermeister allerdings noch im Urlaub, so dass noch keine Stellungnahme von ihm zu erhalten war
Aufgenommen in die Online-Ausgabe: Sonntag, 03.10.1999