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Aus der Region

Gottes Wort bis zur Unkenntlichkeit entstellt

Bibel-Comics

Sangerhausen (tdh) - Schon vor einigen Monaten hat sich die ökumenische Stadtkonferenz in Sangerhausen mit populären Bibelübersetzungen wie "Der große Boss" (AT) und "Der Junior-Chef" (NT) beschäftigt, die als erfolgreiche Aktualisierung der Heiligen Schrift von sich reden gemacht haben und die auch bei jungen Christen der Stadt auf Interesse gestoßen waren

In dieser Comic-Übersetzung würden "nicht nur auf saloppe, sondern fallweise auch auf fast pornographische Weise biblische Inhalte mitgeteilt", meinen Vertreter der evangelischen und katholischen Kirche. Den christlichen Buchhändler in Sangerhausen bewegten sie deshalb dazu, diese Comics aus dem Regal zu nehmen

Mit dem "Bibel-Blatt" aus dem katholischen Echter-Verlag ist kürzlich eine weitere populäre Bibelausgabe erschienen. Die Leiterin der katholischen Jugendgruppe in Sangerhausen, Maria-Elisabeth Booms, nahm eine Veröffentlichung im Tag des Herrn (Nr. 39, S. 10) über diese "Bibel im Boulevardstil" zum Anlass für einen kritischen Denkanstoß:

"Dass wir die frohe Botschaft unter die Menschen bringen sollen, ist klar. Dass wir sie den Menschen erklären sollen, ist auch klar. Aber ich frage mich, ob das ,froh' gleichzusetzen ist mit ,witzig, unterhaltsam und amüsant'. Und ich frage mich noch mehr: Was sollen wir den Menschen aus dieser ,witzigen, unterhaltsamen und amüsanten' Bibel zusprechen, wenn ihr Leben mal gerade nicht so besonders ,witzig, unterhaltsam und amüsant' ist? Welcher ,Gag'(!) soll sie dann trösten oder stärken? Sollen wir zum Beispiel am Kranken- oder Sterbebett eines Menschen von Comic- und Bildzeitungsstil auf ,ernst' umsteigen?

Ist nicht eine Übersetzung der Bibel in diesem Stil eine ziemlich waghalsige Anbiederung an einen Zeitgeist, bei dem wir doch gerade beklagen, dass er ernste Themen oft ausblendet?

Zerstören wir nicht selbst höchst eigenhändig das ethische Empfinden bei den Menschen, wenn wir ihnen zum Beispiel die Tragik des Johannes unter dem reißerischen Titel verkaufen: ,Salome tanzt - und schon verliert Johannes den Kopf'? Wenn Jugendliche Gewalt nicht so schlimm finden, klagen wir über Verrohung. Aber alles Reden und Handeln eines Menschen beginnt doch in seinem Kopf. Und wir bringen Menschen biblische Inhalte auf eine so rüde Art und Weise bei! Ist das nicht verroht?

In der sonntäglichen Liturgie tragen wir das Wort Gottes mit Musik und Kerzen an den Ambo, hören es (aus Respekt stehend) an und danken Gott für seinen Zuspruch. Und dieses Wort, das zu hören sündenvergebend ist(!), bagatellisieren und entstellen wir außerhalb der Kirche bis zur Unkenntlichkeit

Wenn wir das Wort Gottes zu den Menschen bringen sollen, dann doch deshalb, damit die Menschen von diesem Gott erfahren und sich und ihr Leben ihm anvertrauen. Unsere Aufgabe ist es, den Menschen das Wort zu sagen. Aber doch immer in Verbindung mit dem Glaubensbekenntnis (Joh 1,35 - 49). Der Geist Gottes wird das Wort in den Herzen der Menschen wachsen und reifen lassen. Ist unser Vertrauen auf diese Mitarbeit des Heiligen Geistes so gering, dass wir zu solch zweifelhaften Methoden der Schriftausbreitung greifen müssen?

Gibt es eigentlich Untersuchungen darüber, wie viele Menschen abgestoßen werden von solchen Manipulationen am Wort Gottes? Die sich gerade von uns abwenden, weil wir ihnen als Gesprächspartner für ernste Frage nicht mehr kompetent genug sind - wenn wir selbst noch aus der Offenbarung Gottes ,Gags' machen ..

Im Zweiten Vatikanischen Konzil hat die Kirche sich über den Umgang geäußert: Die Heilige Schrift muss ,in dem Geist gelesen und ausgelegt werden, in dem sie geschrieben wurde' und ,Die Kirche hat die Heilige Schrift immer verehrt wie den Herrenleib selbst, ... weil sie vom Tisch des Wortes ... das Brot des Lebens nimmt und den Gläubigen reicht' (Dei verbum 12 und 21). Ich vermag keine Brücke zu schlagen zwischen diesem Anspruch und einer Bibelausgabe auf ,Bildzeitungsniveau'

Die Bibel im Boulevardstil will das Wort Gottes unter die Leute bringen. Das tut sie unter anderem mit der Schlagzeile ,Schluss mit lustig: Mose nimmt die Gebote entgegen.' Wissen die Autoren nicht, dass die Juden ein Fest haben, an dem sie ihrer Freude über die Schrift (samt der Gebote) Ausdruck verleihen? Ein Fest, an dem besonders die Kinder als Erben dieser Schrift reichlich bewirtet werden. Ein Fest! Und wie oft wird in den Psalmen diese segensreiche Weisung Gottes von den Menschen besungen! Auch heute noch ... Und dann schreiben die Autoren dieser ,witzigen und amüsanten' Bibelübersetzung: ,Schluss mit lustig'. Fassen sie nicht damit ihr eigenes Unverständnis in Worte und geben es tausendfach an andere Menschen weiter?

Ich versuche, den Jugendlichen in meiner Gemeinde zu vermitteln, dass dieses Buch des Lebens der große Schatz in ihrem Leben ist, den man nicht mit verschränkten Armen, kaugummikauend im Gottesdienst an eine Säule gelehnt gelangweilt über sich ergehen lässt, dass es sich lohnt, eine tägliche ,stille Zeit' oder regelmäßige Betrachtung über dieses Wort zu halten. Es ist mein Anliegen, ihrer Spiritualität im Glauben beim Wachsen zu helfen, ihnen ins Herz zu bringen, dass dieses Buch nicht so sehr bedrucktes Papier ist, sondern tragfähige Grundlage für eine Lebenswirklichkeit. Ich bin ziemlich niedergeschlagen, wenn ich sehe, dass aus den eigenen Reihen (Echter Verlag) ein so leichtfertiger Umgang mit der Schrift (,im Boulevardstil') gefördert wird."

Dieser Beitrag wurde veröffentlicht in Ausgabe 41 des 49. Jahrgangs (im Jahr 1999).
Aufgenommen in die Online-Ausgabe: Sonntag, 17.10.1999

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