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Bistum Dresden-Meißen

Eigeninitiative gefordert

Katholische Unternehmer

Dresden - Den Ausweg aus der gegenwärtigen Misere auf dem Arbeitsmarkt sieht der Bund Katholischer Unternehmer (BKU) vor allem in der Förderung der Eigeninitiative von Beschäftigten. Besonders der scheidende BKU-Vorsitzende Werner Then (Köln) setzte sich vor den rund 180 Teilnehmern der BKU-Bundestagung vom 15. Bis 17. Oktober in Dresden vehement für eine gründliche Deregulierung ein - angefangen bei den juristischen Rahmenbedingungen für Unternehmen, über die Tarifpolitik bis hin zu den Strukturen in den Betrieben selbst

"Angesichts von rund 68 000 Gesetzen und Verordnungen für Unternehmen in Deutschland brauchen wir uns nicht zu wundern, wenn Wirtschaft und Gesellschaft bei uns nicht auf die Beine kommen", sagte er. Diese gesetzliche, tarifpolitische und betriebliche "Überregulierung" habe ein Klima der Bevormundung erzeugt. In zahlreichen Betrieben herrschten zudem noch immer eine "Weisungskultur und ein autoritärer Führungsstil", die nur etwa ein Drittel des in allen Mitarbeitern vorhandenen geistigen Potentials zur Entfaltung kommen ließen. Auf diese Weise seien die nötigen Anpassungen beim Übergang von der Industrie- zur Dienstleistungs- und Wissensgesellschaft aber nicht zu schaffen. Then brachte den Begriff von der "Selbst-GmbH" in die Diskussion. Das bedeute, jeder Beschäftigte müsse sich als "Unternehmer für die eigene Arbeit" verstehen

Mit Neoliberalismus habe das nichts zu tun, betonte er auf einer Pressekonferenz am Rande der Tagung. Vielmehr zeige sich hierin das "personale Menschenbild" des Christentums. Entmündigendem Kollektivismus und Reglementierungen bis ins Detail stelle der BKU ganz in diesem Sinne "die eigenverantwortete Freiheit des Menschen als Geschöpf Gottes" entgegen

Hierin fand Then in Sachsens Wirtschaftsminister Kajo Schommer (CDU), vor Jahren selbst Mitglied des BKU, einen eifrigen Befürworter. Im Freistaat erhalte ein Unternehmer erst den Höchstsatz an Investitionszuschüssen, wenn er seine Mitarbeiter am Gewinn beteilige, so Schommer. Der Wirtschaftsminister gab sich optimistisch: "Ich bin sicher, dass in zwei bis drei Jahren über zehn Prozent unserer Betriebe Arbeitnehmerbeteiligung haben."

Bei aller Übereinstimmung im Grundsätzlichen blieben Meinungsverschiedenheiten im Detail nicht aus. Then kritisierte, dass Großbetriebe einseitig mit dem Mammutanteil von Subventionen belohnt werden, während kleine und mittelständische Betriebe an chronischer Unterfinanzierung krankten. Das wies Schommer als falsch zurück. Von den bislang 14 230 Anträgen auf Investitionszuschüsse an den Freistaat mit einem Gesamtvolumen von 11,3 Milliarden Mark seien nur 233 von Großunternehmen gestellt worden, sagte er. Allerdings, so räumte er ein, habe die Großindustrie ein Drittel dieser Gesamtsumme erhalten. "Aber ohne die Ansiedlung großer Unternehmen wie VW, AMD oder Siemens gäbe es die vielen kleinen prosperierenden Zulieferer nicht", argumentierte Schommer

Der Vorstandsvorsitzende der Mitteldeutschen Energieversorgung AG (MEAG), Norbert Wenner, appelliert an die Unternehmer im Osten Deutschlands, ihre günstige geographische Lage zu nutzen und neue Absatzmärkte in Osteuropa zu erschließen

Die "Initiative Ost", an der neben dem BKU der Bundesverband der Katholiken in Wirtschaft und Verwaltung (KKV) sowie das Kolpingwerk beteiligt sind, habe in den vergangenen zwei Jahren 36 ostdeutsche Unternehmen vor dem Konkurs bewahren können, sagte deren Sprecher Lorenz Wilhelm. Damit seien rund 500 Arbeitsplätze erhalten worden. Wilhelm beklagte, dass Banken von den Mittelständlern viel zu komplizierte und umfangreiche Unterlagen vor Gewährung eines Kredits forderten. Dies stelle Kleinunternehmer häufig vor unüberwindliche Schwierigkeiten

Die Dresdner Bundestagung brachte auch einen Wechsel an der Spitze des BKU, dem bundesweit rund 1300 Mitglieder angehören. Werner Then kandidierte nicht wieder. Die Teilnehmer wählten erstmals in der 50-jährigen Geschichte des Vereins ein Führungstrio, bestehend aus der 39-jährigen Personalberaterin Mechthild Löhr (Königstein / Taunus), dem 61-jährigen Leiter des Berliner Siemens-Büros, Erich Gerard und dem 59-jährigen Speditionskaufmann Ernst Mommertz (Köln)

Tomas Gärtner

Dieser Beitrag wurde veröffentlicht in Ausgabe 42 des 49. Jahrgangs (im Jahr 1999).
Aufgenommen in die Online-Ausgabe: Sonntag, 24.10.1999

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