Erste Kirchweihe in der DDR
50 Jahre Kirchweihe
Ichtershausen (aa / tdh) - Am 7. Oktober 1949 wurde die DDR gegründet, wenige Tage später - am 16. Oktober - reiste der Fuldaer Weihbischof Adolf Bolte nach Ichtershausen, um die neue katholische Kirche zu weihen, die gebaut worden war, weil die Gemeinde durch den Zuzug der Vertriebenen angewachsen war. Die wohl erste Kirchweihe in der damaligen DDR war am vergangenen Wochenende Grund zum Feiern. Höhepunkt war der Festgottesdienst zum 50-jährigen Jubiläum, den die Gemeinde mit dem Erfurter Generalvikar Dr. Georg Jelich, Pfarrer Wolfgang Teichert (Arnstadt) und ihrem Seelsorger, Dozent Dr. Michael Gabel, feierte
In der Predigt forderte Generalvikar Jelich, sich Gedanken zu machen, wie man heute den Glauben bekennen könne. Ein gutes Zeichen dafür sei, dass in den letzten Jahren viele mitgeholfen hätten, den Kirchbau zu sanieren. Jetzt könne man gemeinsam das Fest feiern. Einen besonderen Dank gab es für Elfriede Jogsch. Ihr verlieh der Generalvikar die "Elisabeth-Medaille" und würdigte damit - stellvertretend für viele, wie Pfarrer Gabel sagte - ihre ehrenamtliche Arbeit: Unter anderem leitet Frau Jogsch Gebetsgottesdienste, engagiert sich im Seniorenkreis und im Besuchsdienst für Alte und Kranke
Pfarrer Gabel dankte allen, für die seit 1994 geleistete Arbeit bei der Sanierung des Kirchbaus. Offen ist noch die künstlerische Gestaltung des Altarraumes: Dort soll ein Wandbehang der Künstlerin Ulrike Drasdo seinen Platz finden
Die katholische Gemeinde von Ichtershausen ist zwar klein, aber sie hat ihren festen Platz im Leben des Ortes. Zeichen dafür waren die vielen Gäste, unter ihnen die evangelischen Christen, die für die Feier den Blumenschmuck in der Kirche gestiftet hatten und deren Pfarrer Dirk Sterzig mit einem Trompetensolo gratulierte
Das bunte Gemeindefest war auch Beweis dafür, dass das Programm, das Pfarrer Gabel für die Gemeinde formulierte, aufgeht: "Wir müssen Kirche für alle sein." Und so waren unter denen, die am vergangenen Wochenende mitfeierten viele, die nicht zur Gemeinde gehören. Habe man zu DDR-Zeiten wenig Möglichkeiten gehabt, missionarisch zu wirken - Pfarrer Gabel vergleicht die Situation von damals mit der des biblischen Jona im Bauch des Walfisches - so habe die Wende eine "riesige Chance" eröffnet. Diese sieht Gabel vor allem im kulturellen Wirken im weitesten Sinne. Schulischer Religionsunterricht ist selbstverständlich. Außerdem gibt es in der Schule Projektwochen, die etwas mit der katholische Pfarrgemeinde zu tun haben, oder die feste Rubrik des Pfarrers in den Mitteilungsblättern der kommunalen Gemeindeverwaltungen. Einer der jährlichen Höhepunkte ist das Straßenfest rund um die dem Pfarrgelände gegenüberliegende Schule, an dem die katholischen Christen sich mit einem Café beteiligen. "Das ist für viele zum ersten Mal nach Jahren wieder ein Anknüpfungspunkt an Kirche", sagt Pfarrer Gabel. "Wann und wie das allerdings Früchte trägt, weiß ich nicht."
Aufgenommen in die Online-Ausgabe: Sonntag, 24.10.1999