Katholische Kirche gehört dazu
Pastoraltag
Erfurt (mh) - Weitgehend positiv ist für Bischof Joachim Wanke (Erfurt) die Bilanz für die katholische Kirche in Thüringen zehn Jahre nach der Wende. "Die katholische Kirche gehört in Thüringen dazu", sagte er in Erfurt vor Priestern und Mitarbeitern. Trotz Turbulenzen, neuer Zwänge und Schwierigkeiten "sind wir gerüstet, unseren Grundauftrag hier auszufüllen"
Das kirchliche Leben habe sich in den letzten Jahren geweitet. Die Grenzöffnung habe den geografischen Horizont vergrößert, und die Kirche könne jetzt verstärkt in die nichtkirchliche Gesellschaft hineinwirken. Allerdings sei der "einheitliche Katholizismus der DDR-Jahre" in den bunten Katholizismus der deutschen Kirche eingetaucht. Als ein Beispiel für neue Zwänge nannte der Bischof die Finanzplanung: "Ein Pfarretat ist kein Wunschzettel mehr."
Beim Vergleich mit der DDR-Situation neige sich für ihn die Waagschale mehr in Richtung der neuen Situation. "Die Ritzen, in denen Gott vordringen kann, sind breiter geworden." Außerdem, so der Bischof, "leben wir heute in mancher Hinsicht ehrlicher. Und: Die vielen Kontakte ins nichtkirchliche Milieu fordern uns auch."
Als problematisch bezeichnete Wanke die Kinder- und Jugendpastoral. Angesichts der Frage "Wie erreichen wir das Herz der jungen Leute?" ermutigte er dazu, sich mit "Frauen und Männern zu verbünden, die uns helfen können". Aufgrund der vielfältigen Lebensformen und biografischen Situationen sei auch der Umgang mit den Sakramenten schwieriger: Viele Pfarrer fragten sich, "wen darf ich zulassen, oder wie erreiche ich die, die keinen Zugang zu den Sakramenten haben?" Neue Ideen und Wiederbelebung alter Traditionen - etwa im Umgang mit vorsakramentalen Zeichen -seien gefragt
Kirche müsse auch in Zukunft "den Gotteshorizont in die Gesellschaft einbringen". Die Gesellschaft selbst biete dafür Anknüpfungspunkte. So fordere die Rede von der "Servicegesellschaft" heraus deutlich zu machen, "dass wir noch mehr von dem leben, was kein bezahlter Service leisten kann". Angesichts der "Erlebnisgesellschaft" könne Kirche zeigen, dass diese den Menschen nicht ernst nimmt, sondern ihn zum Objekt massiver Interessen macht. Und die "Informationsgesellschaft" könne Anlass sein, den Verdacht auszustreuen, "dass wir doch nicht über alles informiert sind"
Aufgenommen in die Online-Ausgabe: Sonntag, 24.10.1999