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Konsolen - wichtiges Bauteil in der Gotik

Stichwort

"Konsole, aus der Mauer hervorragender, oftmals gegliederter und plastisch verzierter Tragstein, der anderen Bauteilen (Balken, Bögen, Gesimsen, Figuren, Balkonen, Galerien und so weiter) als Auflage dient." So knapp charakterisiert das Wörterbuch der Architektur ein vor allem in der Gotik verbreitetes und hier zur Blüte gelangtes wichtiges Bauteil und Gestaltungselement. Mit der zunehmenden Verbreitung von Rippengewölben zur Überspannung großer Räume im 13. und 14. Jahrhundert erhielten die Baumeister und Handwerker zusätzliche Gestaltungsmöglichkeiten. Wir finden vor allem an Gewölbekonsolen vielfältige florale und figürliche Gestaltungen. Im frühen Mittelalter formte man die Konsolen recht zweckmäßig. Ihr Aussehen entsprach ihrer Aufgabe, statische Lasten aufzunehmen und über den Baukörper in das Fundament abzuleiten. Die zunehmende Beherrschung der Bauweise ließ nicht nur filigranere lichtdurchflutete Bauwerke zu, sondern führte auch zu einem spielerischen Umgang mit einzelnen Bauteilen. So erschließen sich dem versunkenen Betrachter Details, die der kundig geführte Meißel mit großer Freude am Gestalten in den Millionen Jahre alten Stein geschlagen hat. Es ist uns heute nicht bekannt, inwieweit die Steinmetze der Bauhütten freie Hand beim Entwurf und der Ausführung von Konsolen, Schlusssteinen und Kapitellen besaßen. Übermittelte der Bauherr seine Vorstellungen und Wünsche dem Baumeister und lieferte dieser Vorlagen für die Handwerker? Oder interessierten den Auftraggeber diese Details in der Regel wenig? Vermutlich gab es Wünsche des Bauherren zur Ikonografie. Der Baumeister wählte die fähigsten Steinmetze aus und diese hinterließen am Bauteil ihre persönliche Handschrift. Die Darstellung von Köpfen gibt oft Anlass zu Spekulationen. Verbreitet ist die Ansicht, der Baumeister hätte sich dort verewigt. Dieses war aber im Mittelalter verboten! Der Baumeister hatte anonym zu bleiben. Wurde er trotzdem von einem Steinmetz porträtiert? Auf Veranlassung des Baumeisters? Der Leser kann dazu seiner eigenen Phantasie freien Lauf lassen

Von der wechselvollen Geschichte unserer zumeist gotischen Gotteshäuser, die nach puristisch reformatorischem Bildersturm zwischenzeitlich auch als Lagerhalle, Pferdestall oder Lazarett dienten, blieben die zumeist höher gelegenen Konsolen und Schlusssteine unberührt. Sie erhielten allerdings oftmals farbige Umdeutungen bei Renovierungen. Die fast ausschließlich in der Bauzeit mit kräftigen Farben angestrichenen Ornamente und Figuren wurden in vielen Domen und Kirchen, gleich der gesamten farbenfrohen Raumfassung, im vergangenen Jahrhundert gründlich von ihren Anstrichen befreit. Das geschah zumeist in dem Glauben, den ursprünglichen Eindruck eines materialsichtigen Innenraumes wieder herzustellen, entsprach aber auch dem Zeitgeschmack. Ein anderes (glaubens)-geschichtliches Zeugnis ist eine vom Verfasser bearbeitete Gewölbekonsole mit der Darstellung eines mittelalterlichen Ritters. Bei der Überarbeitung der jüngsten Fassung fielen die breiten Lippen und das lockige Haar auf. Einer Vermutung folgend wurde an verdeckter Stelle im Kopfbereich die ursprüngliche Farbschicht freigelegt. Sie zeigte eine dunkelbraune Gesichtsfarbe und schwarzes Haar. Der mitteleuropäische Ritter entpuppte sich als eine Darstellung des St. Mauritius. Eckart Lemke

Dieser Beitrag wurde veröffentlicht in Ausgabe 42 des 49. Jahrgangs (im Jahr 1999).
Aufgenommen in die Online-Ausgabe: Sonntag, 24.10.1999

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