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Aus der Region

Gottesdienst an der ehemaligen Grenze

10 Jahre Mauerfall

Eichsfeld (gh/ep) - Mit Gottesdiensten, Lichterprozessionen, Gebeten im Rahmen der Friedensdekade und zahlreichen anderen Gedenkveranstaltungen haben sich Christen und Nichtchristen aus Ost und West in den zurückliegenden Tagen an die Öffnung der deutsch-deutschen Grenze vor zehn Jahren erinnert. Im eichsfeldischen Geismar versammelten sich bereits vor einer Woche am 6. November mehrere hundert Gläubige aus den Orten rund um den Hülfensberg - darunter auch aus Wanfried auf ehemals westdeutscher Seite -, um in Dankbarkeit den Kreuzweg hinauf auf den Berg zu beten und in der Wallfahrtskirche noch einmal die Geschehnisse von vor zehn Jahren Revue passieren zu lassen

Damals am 4. November 1989 - es war fünf Tage vor Öffnung der Berliner Mauer - hatten rund 3000 Menschen aus den ostdeutschen Hülfensberg-Dörfern und dem Südeichsfeld ebenfalls den Kreuzweg gebetet und sich dabei in die verbotene Sperrzone unmittelbar an der Grenze gewagt. 300 von ihnen aus der Pfarrei Geismar hatten zur Teilnahme an dem Familienkreuzweg per eingereichter Liste eine Genehmigung vom Volkspolizeikreisamt erhalten, die übrigen Eichsfelder schlossen sich ihnen nach spontaner Einladung an. Die Grenzer ließen sie passieren. Auf dem Berg angekommen, wurden sie von Franziskaner-Pater Erwin Schollmeyer, der seit 1978 allein auf dem Berg die Wallfahrtsstätte hütete, freudig begrüßt, und feierten mit ihm einen Gottesdienst

An dieses Geschehen erinnerten am vergangenen Samstag der damalige Initiator und heutige Landrat Werner Henning, der damalige Pfarrer von Geismar, Hans-Josef Riethmüller, und Dechant Ernst Witzel, damals Pfarrer in Lengenfeld. Zuvor waren vom Tonband noch einmal die Worte zu hören, mit denen Franziskaner-Pater Erwin "tief beeindruckt " von der großen Zahl die mutigen Pilger in der Kirche begrüßt hatte. Ein Teilnehmer hatte sie damals spontan auf einem Kassettenrekorder mitgeschnitten

Ebenfalls jetzt am 6. November 1999 mit dabei war der Vorsitzende des Heimatvereins Hülfensberg / Werratal, Albert Kohl, aus Eschwege. Er war vor zehn Jahren etwa zur gleichen Zeit wie die Hülfensberg-Pilger von westlicher Seite mit Gläubigen zum Eichsfelder Kreuz unterhalb des Berges gezogen. Und bis dorthin war der Gottesdienst der 3000 auf dem Berg zu hören gewesen. Er habe mit Megafon und Scheinwerfer Kontakt aufgenommen und Zeichen mit brennenden Kerzen zurückerhalten, erinnerte sich Kohl. Über die Zäune hinweg habe man sich begrüßt. Die Grenzposten seien nicht eingeschritten

Auf dem Rückweg vom Berg stellten die Christen aus Geismar, Großbartloff und Lengenfeld dann ihre mitgebrachten Kerzen an einem Schlagbaum und an den Kreuzwegstationen auf, in der Hoffnung auf Veränderungen

Jetzt, am 6. November, endete der Dankgottesdienst wie damals mit dem Eichsfeldlied. Die wenn auch verleichsweise recht kleine Schar der Teilnehmer hielt sich dabei fest an den Händen

Dieser Beitrag wurde veröffentlicht in Ausgabe 45 des 49. Jahrgangs (im Jahr 1999).
Aufgenommen in die Online-Ausgabe: Sonntag, 14.11.1999

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