Tansania im regen Austausch mit Partner- Verein
Deutsch-afrikanische Kontakte
Erfurt - Freundlich lächelnd steht Father John Malhori in der Tür zu der kleinen Wohnung, in der er als Gast der Stadt Erfurt untergebracht ist, und empfängt zwei Journalisten. Dem untersetzten und doch behenden Schwarzafrikaner ist nicht anzusehen, welch schwierige Mission ihn nach Deutschland führt: Für gleich vier Berufsbildungszentren in seiner Heimat Tansania will er Werkzeugausstattungen und Maschinen beschaffen und um Unterstützung werben. Und die erhofft er sich auch von den Medien
Father John Malhori ist katholischer Priester und seit 1995 Bildungssekretär im tansanischen Bistum Mahenge. In dieser Funktion ist er für die von seiner Diözese unterhaltenen Berufbildungszentren in Mahenge (zwei), Ifakara und Mtimbira verantwortlich. Zudem ist Malhori, der neben Theologie auch Ökonomie und Psychologie studierte, Verwaltungsdirektor des St.-Francis-Hospital in Ifakara
Father Johns Heimatland Tansania ist mit 945 000 Quadratkilometern mehr als zweieinhalbmal so groß wie die Bundesrepublik. Auf dem Gebiet des ostafrikanischen Landes leben zirka 30 Millionen Einwohner. "Trotz der 120 verschiedenen Völker mit ihren eigenen Stammessprachen und unterschiedlichen Religionszugehörigkeiten ist Tansania ein friedliches Land ", sagt Father John. Neben Christen leben in etwa je ein Drittel Muslime und Animisten, die an die Beseeltheit aller Dinge glauben, im Land. Zudem prägen tausende Bürgerkriegsflüchtlinge aus Ruanda, dem Kongo und Somalia die Situation. Bei den Wahlen vor drei Jahren ist in Tansania ein Mehrparteiensystem eingeführt worden. "Seitdem", so Father John, "wird unser Land demokratisch regiert.
Doch Tansania gehört zu den ärmsten Ländern der Welt und ist im Ausland hoch verschuldet. Auf die Frage, wa-rum das so ist, berichtet Father John von den unsteten Wetterverhältnissen der letzen Jahre: "El Nino, monatelange Trockenheit, und La Nina, das Gegenteil, wochenlanger Regen verursachten in den letzten Jahren große Missernten", so der bischöfliche Sekretär. "Da ist es sehr schwer, gezielt Landwirtschaft zu treiben. Entweder verdorrt die Saat oder die Ernte wird von einer Sturmflut hinweggerissen." Zudem fehle es an Werkzeugen und Maschinen in allen Bereichen. Industrie gebe es kaum. Und Touristen besuchten noch viel zu wenige das Land, obwohl "Serengeti Nationalpark", "Kilimanjaro" und Victoria-See weltbekannt seien und Tanzania landschaftlich wunderschön sei. "Am schlimmsten jedoch", so Father John weiter, "ist die schlechte Bildung der Menschen. Nur durch Bildung kann der Teufelskreis der Armut durchbrochen werden." Nach dem Engagement der Regierung in dieser Hinsicht gefragt, meint Father John: "Die Regierung tut, was sie kann." In der Diözese Mahenge, aus der Father John kommt, heißt das: "Ein Fünftel aller gesellschaftlichen Aufgaben leistet die Regierung, vier Fünftel die Kirche!
Mahenge liegt im Süden des Landes und ist eine von 24 katholischen Bistümern in Tansania. Von den rund 400 000 Einwohnern sind rund 50 Prozent katholisch. Aufgrund des christlichen Auftrages und dank internationaler Kontakte ist es vor allem die Kirche, die sich um die Verbesserung der Lebenssituation der Menschen müht. Besonders in den Bereichen Bildungs- und Erziehungsarbeit, Gesundheitsversorgung und Entwicklungshilfe werde viel getan, erzählt Father John. In Zusammenarbeit mit Diözese und Hilfsorganisationen organisieren Gemeindepfarrer den Bau von Sandstraßen und Wasserleitungen, vermitteln Mitfahrmöglichkeiten über weitere Strecken und veranlassen die Betreuung von Vorschulkindern in Kindergärten. Neben vielen anderen Aufgaben seien die Pfarrer auch Seelsorger, so der katholische Priester. "An ihrer Tür bitten Menschen um Nahrung, medizinische Hilfe und Kleidung. Steht eine Frau kurz vor der Geburt ihres Kindes, kümmert sich der Pfarrer um den Transport ins Hospital."
Frauen haben es in Tansania besonders schwer. In den letzten Jahrzehnten wurde die Ausbildung der Mädchen und jungen Frauen stark vernachlässigt, berichtet Winfried Kunsch vom Tansania-Hilfe-Verein Erfurt, der durch mehrere Besuche in Afrika die Lage aus eigener Anschauung kennt. Wegen der schlechten Ausbildung sei besonders unter den Frauen Arbeitslosigkeit weit verbreitet. Um diesem Zustand in Zukunft wenigs-tens ansatzweise entgegen zu wirken, habe die Diözese Mahenge das erste Mädchen-Gymnasium in der Region eingerichtet, das 400 Schülerinnen einen Platz bietet. Überhaupt ist die bildungspolitische Situation schwierig: Nur 15 Prozent aller schulpflichtigen Kinder besuchen ein Gymnasium, die übrigen 85 Prozent gehen bis zur siebenten Klasse in die Schule. Von den 85 Prozent erhalten nur ein Viertel eine Lehrstelle. Grund für die Kirche, sich zum Beispiel mit Berufsbildungszentren zu engagieren. Doch dafür bedarf es der Hilfe aus der ganzen Welt. Und genau in dieser Mission war Father John jetzt in Erfurt
Um Menschen wenigstens einer kleinen Region in dem ostafrikanischen Land zu unterstützen, riefen 1986 Winfried Kunsch und andere in Erfurt eine Initiative für die Gemeinde Kwiro-Mahenge ins Leben. Seitdem hat der derzeit 25 Mitgliedern zählende Kreis "viele kleine Dinge" auf den Weg gebracht, wie Kunsch berichtet. So wurden zwei Traktoren für die Partnergemeinde in Kwiro finanziert und eine Arztstation für 20 000 Menschen unterstützt. Ein vom Verein bereitgestellter Elektromotor für eine Maismehlmühle erleichtert den Frauen in Kwiro die Arbeit. Neun Mädchen haben per Patenschaft mit Erfurter Familien die Möglichkeit, das katholische Mädchen-Gymnasium "Regina mundi" in Mahenge zu besuchen. "Das meiste Geld spenden die Erfurter Pfarrgemeinden", sagt Kunsch. Unterstützung komme aber auch von der Berliner Stiftung "Nord-Süd-Brücken"
1991 besuchte dann zum ersten Mal eine Delegation aus der Diözese Mahenge Erfurt und wurde vom Bischof und von Oberbürgermeister Manfred Ruge empfangen. In Zusammenarbeit mit der Stadt Erfurt und den Stadtwerken wurde der Bau einer Wasserleitung vereinbart, die inzwischen 2000 Menschen im Stadtteil Mahenge-Kwiro versorgt. Zuletzt kam Anfang 1999 Bischof Agabit Ndorobo von Mahenge nach Erfurt, um aufgrund einer großen Hungersnot nach zwei Missernten um Nahrungsmittel für die Menschen zu bitten. Katholische und evangelische Gemeinden und das St.-Nepomuk-Krankenhaus halfen gemeinsam mit dem Tansania-Verein
In diesen Tagen sind fünf gespendete Computer für das St.-Francis-Hospital nach Ifakara unterwegs. Eine vom Erfurter Oberbürgermeister Ruge kürzlich organisierte Begegnung Father Johns mit Wirtschaftsvertretern half, Kontakte herzustellen ... Weitere Computer stehen zur Abholung bereit. Krankenhausbetten und eine Metallverarbeitungsmaschine warten auf ihren Transport nach Tansania. Gebraucht werden hingegen noch Nähmaschinen. Zudem fehlt noch Geld, um der Kwiro-Gemeinde einen Traktor-Anhänger zu finanzieren
Winfried Kunsch ist von der Wahrheit der Geschichte vom Senfkorn überzeugt: Aus einem kleinen Senfkorn wächst ein großer Baum. Aus kleinen Schritten kann umfassende Veränderung werden. "Es ist wichtig, zu helfen, auch wenn es nur kleine Schritte sind", sagt Kunsch. Und: "Es ist Selbstbetrug, zu meinen, kleine Hilfen hätten keinen Sinn." Den freundlichen Mann aus Tansania, Father John, lässt dies zuversichtlich nach Hause kehren. Er hofft auch weiterhin auf Unterstützung
Patricia Erben / tdh
Wer den Menschen in der Diözese Mahenge helfen möchte, kann sich an den "Tansania Hilfe Erfurt e.V., Schillerstr. 5, 99096 Erfurt, Winfried Kunsch, Tel. (03 61) 2 25 14 36, oder Claudia-Maria Maruschke, Tel. (03 61) 3 45 31 89 wenden
Aufgenommen in die Online-Ausgabe: Sonntag, 14.11.1999