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Bistum Erfurt

In Erfurt ist Ausstellung über "Orte der Stille" für 2000 geplant

Kulturstadt Weimar

Bischof Joachim Wanke hat kürzlich bei einem Empfang für Wissenschaftler, Medienleute und Künstler zum Kulturstadtjahr Weimar '99 eine von der Kirche organisierte Ausstellung angekündigt, die vom 15. August bis 24. September 2000 in Erfurt zu sehen sein soll. An deren Erarbeitung sind das Katholische Forum in Thüringen und das Bischöfliche Bauamt beteiligt. Der Tag des Herrn sprach mit dem Geschäftsführer des Forums, Hubertus Staudacher, über das Projekt und über seine Eindrücke vom Kulturstadtjahr Weimar '99:

Frage: Herr Staudacher, Bischof Wanke hat eine Ausstellung in Erfurt angekündigt. Was ist geplant?

Staudacher: Angedacht war eine solche Ausstellung bereits für das Kulturstadtjahr 1999. Doch es fehlte schließlich die Zeit, es fehlten Räume. Es gab auch die Sorge, dass eine solche Ausstellung unter den herausragenden Ereignissen im Rahmen von Weimar '99 untergehen könnte. So entstand die Idee, im Jahr 2000 eine entsprechende Initiative zu starten

Gleichzeitig ergab sich für uns die Möglichkeit, uns an einem umfangreichen Projekt der Deutschen Gesellschaft für Kultur zu beteiligen. Dieses Projekt will versuchen, sich mit verschiedenen Ansätzen der Thematik sakraler Räume und anderer Orte der Stille und Meditation anzunähern und sich so dem Dialog zwischen Kirche und Kultur zu widmen. Hintergrund ist: In immer mehr Städten und unterschiedlichsten Einrichtungen entstehen Angebote für Stille und Meditation. Nichtchristen oder Distanzierte können oder wollen die zahlreichen, vorhandenen Kirchenräume nicht als Orte der Ruhe und Einkehr nutzen, weil sie sie offensichtlich als zu kirchlich und zu gottesdienstlich orientiert erleben. Die Ausstellung in Erfurt wird dieser Frage nachgehen

Frage: Was genau wird zu sehen sein?

Staudacher: Es ist geplant, in der Barfüßerkirche, also in einem säkularen Ausstellungsraum, Konzeptionen von Künstlern vorzustellen, wie solche Orte der Stille für heutige Menschen aussehen können

Auf der Basis dieser zusammengetragenen Ideen soll dann möglichst eine Diskussion entstehen. Die Besucher der Barfüßerkirche werden aber auch darauf verwiesen werden, dass es in Erfurt Kirchen gibt, die Stille und Raum zur Meditation bieten. Gleichzeitig sollen die Gemeinden des Doms St. Marien, von St. Severi, von St. Lorenz und von St. Ursula mit unterschiedlichen künstlerischen Akzenten dazu motiviert werden, über die Thematik zu reflektieren. Anregungen dafür sollen zum Beispiel Lichtprojektionen, Verhüllungen und akustische Beiträge in diesen Kirchen bieten

Frage: Bischof Wanke hat den verstärkten Dialog zwischen Kirche und Künstlern angeregt. Ist das Thema der geplanten Ausstellung nicht zu binnenkirchlich?

Staudacher: Die geplante Ausstellung ist ein Anfang. Bis 1989 haben viele Menschen in der DDR kaum wahrgenommen, welche Entwicklungen in der Kunst vonstatten gegangen sind. Mit unserem Versuch treten wir in einen auch im Westen erst ansatzhaft geführten Dialog zwischen Kirche und Kunst ein. Dabei geht es übrigens nicht nur um das Verhältnis zwischen Kirche und darstellender Kunst, sondern genauso um zeitgemäße liturgische Formen, die Nichtchristen oder Distanzierten den Zugang zu "Kirche" erleichtern. Also etwa um Überlegungen, wie die Kirche in ihrer liturgischen Praxis neben der Eucharistiefeier häufiger andere gottesdienstliche Formen anbieten kann, um so nicht zuletzt auch Nichtchristen und Distanzierten den Zugang zu erleichtern. Dabei könnte es sich beispielsweise um Wortgottesdienste handeln, in denen besondere Symbole wie Licht oder Wasser und verschiedene Segensformen eine wichtige Rolle spielen. Die Eucharistiefeier ist ohne Zweifel die zentrale liturgische Form für den Christen, aber sie baut für am Rande Stehende auch hohe Hürden für eine lebendige Teilnahme auf

Frage: Wird es Führungen geben, einen Katalog, begleitende Vorträge?

Staudacher: In den Gemeinden der vier beteiligten Erfurter Kirchen sind einführende Themenabende geplant. Der Verein für christliche Kunst wird sich in Erfurt zu seiner deutschlandweiten Tagung treffen. Wir überlegen, eine Veranstaltung anzubieten, die von Kirche zu Kirche führt und zum Verweilen und Erleben einlädt. Auch einen Katalog soll es geben

Frage: Das Kulturstadtjahr Weimar 99 neigt sich dem Ende zu. Wie hat der Geschäftsführer des Katholischen Forums, das ja ganz bewusst den Kontakt mit der Gesellschaft sucht und sich in die Gesellschaft einbringt, dieses Jahr erlebt?

Staudacher: Als richtige Bereicherung für Thüringen nicht zuletzt wegen seiner Anregungen zum kritischen Nachdenken

Frage: Inwiefern?

Staudacher: Ich denke etwa an die Faust-Aufführung in Weimar: Moderne Inszenierungen können oder wollen offensichtlich die religiösen Fragen des Faust-Stoffes nicht verstehen. Darüber lohnt es nachzudenken. Ich habe das Tanztheaterstück "Mephisto" von I. Ivo vor Augen, das ebenfalls den Fauststoff verarbeitet, oder einige Straßentheaterdarbietungen, die teilweise von im Grunde liturgischen Elementen geprägt waren. Ich denke auch an die Besucherströme bei den Konzerten und Kunstausstellungen, die zeigen, dass Menschen offen sind, sich dem auszusetzen, was wir theologisch Transzendenz nennen. Diese Fähigkeit zur Hinwendung über das empirisch Fassbare hinaus ist nach wie vor vorhanden. Und die Bereitschaft zum Gespräch über solche Erfahrungen

Frage: Wie sind Sie mit dem kirchlichen Beitrag zum Kulturstadtjahr zufrieden?

Staudacher: Ich hätte mir gewünscht, dass mehr passiert. Aber ich kenne die Grenzen unserer kleinen Ortskirche. Der Gottesdienst mit den zuständigen Bischöfen der Partnerstädte Weimars war eine gute Sache, ebenso die "Mystische Nacht zu Meister Eckhart" hier in der Erfurter Predigerkirche. Ich denke auch an die erst kürzlich zu Ende gegangene Reihe über "die Kulturprägende Kraft des Christentums", die ebenfalls hier in der Korrespondenzregion Erfurt stattfand, und bei der wir über das Verhältnis des Christentums zum Staatsrecht, zur Literatur, zu Kultur sowie zur Malerei und bildenden Kunst nachgedacht haben

Frage: Bischof Wanke hat angekündigt, die Kirche werde sich verstärkt um den Dialog mit Künstlern mühen. Gibt es in dieser Hinsicht über die anvisierte Ausstellung hinaus schon weitere konkrete Vorstellungen?

Staudacher: Wir werden uns zunächst auf die Ausstellung konzentrieren und hoffen dabei, dass vor allem in den unmittelbar einbezogenen Erfurter Gemeinden noch eigene Ideen entstehen, zumal dort einige Künstler beheimatet sind. So könnten Gemeinden von sich aus ohne großen finanziellen Aufwand kleine Ausstellungen, Buchlesungen oder musikalische Darbietungen organisieren und so Offenheit gegenüber nichtchristlichen oder eher distanzierten Künstlern signalisieren

Vielleicht gelingt es, Auf Bistumsebene zu einer Begegnung der Hauptamtlichen in den Gemeinden mit Künstlern einzuladen. Eine Veranstaltung im Bach-Jahr 2000 zum Thema "Musik - ein Religionsersatz" kann dem Dialog zwischen Künstlern und Kirchen ebenfalls förderlich sein. Außerdem ist noch in diesem Jahr am 19. Dezember erstmals eine Veranstaltung geplant, bei der Kunsthistoriker Karsten Horn vom Erfurter Angermuseum und der Liturgiker Benedikt Kranemann von der Theologischen Fakultät Erfurt gemeinsam im Angermuseum ein Kunstwerk erklären und interpretieren

Interview: Eckhard Pohl

Dieser Beitrag wurde veröffentlicht in Ausgabe 46 des 49. Jahrgangs (im Jahr 1999).
Aufgenommen in die Online-Ausgabe: Sonntag, 21.11.1999

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