Zeit zum Schweigen, Zeit zum Reden
von Pater Damian
Stille und Schweigen werden in allen Religionen als notwendig empfunden, um das Göttliche zu erfahren. Der Mensch muss schweigend aufmerken auf die Weite und Schönheit der Schöpfung, sich geduldig dem Worte Gottes aussetzen, vor ihm still und leer werden, um Gott das Wort zu geben und seine leise Stimme zu hören. Wir alle wissen, wie schwer es ist, in der Hast und Hektik des Alltags gerade auch in der "stillen Adventszeit" Ruhepunkte und Ruhezeiten einzurichten, die uns zu Gebet und Betrachtung verhelfen.
Die Adventszeit ist auch eine gute Gelegenheit, uns im geistlichen Gespräch zu üben. Wir reden ständig über alle möglichen Dinge und Probleme. Wann aber sprechen wir mit jemandem über unsere Erfahrungen mit Gott? Mir stehen zwei große Frauen vor Augen, Gestalten des Advents, die uns zeigen, was ein geistliches Gespräch ist: Maria und Elisabeth. Maria hat durch die Botschaft des Engels von der Menschwerdung Gottes erfahren. Sie wurde von Gott auserwählt, den "Sohn des Höchsten" zu gebären. Der Bote Gottes weist auf ihre Verwandte Elisabeth hin, die in ihrem hohen Alter noch einen Sohn empfangen hat. Und Maria gibt ihre volle Zustimmung zum Heilsplan Gottes: "Ich bin die Magd des Herrn; mir geschehe, wie du es gesagt hast" (Lk 1,38).
Die Botschaft des Engels bringt Maria auf die Beine: Sie macht sich auf und eilt zu ihrer Verwandten Elisabeth. Wovon ihr Herz voll ist, davon muss sie anderen mitteilen! So begegnen sich die beiden Frauen und tauschen ihre Erfahrungen mit Gott aus. Sie sprechen über das Wunderbare, das Gott an ihnen getan hat. Maria, im wörtlichen Sinn schwanger mit dem Wort Gottes, wird von Elisabeth gepriesen: Selig bist du, da du geglaubt hast, was der Herr dir sagen ließ. Und Maria preist das Große, das Gott an ihr getan hat, im Magnificat.
Auch unser Glaube, unsere geistlichen Erfahrungen, müssen zur Sprache gebracht werden. In unseren öffentlichen Gottesdiensten geschieht das nur selten. Das Gespräch zwischen zwei oder in einer kleinen Gruppe ermöglicht den Austausch. Alles wirkliche Leben entstammt der Begegnung: Aus der Begegnung zwischen Gott und Mensch, aus der Begegnung zwischen Menschen. Damit unser Glaube wächst und gestärkt wird, brauchen wir das ständige Gespräch mit Gott, aber auch untereinander. Ich wünsche uns allen, dass wir verständige und offene Gesprächspartner finden mögen.
Pater Damian Meyer
Aufgenommen in die Online-Ausgabe: Montag, 03.12.2001