Weder Kassierer, Sensenmann noch Lückenbüßer
Gottesbild
Wechselburg (jak) - Etwas überrascht zeigte sich der Wechselburger Benediktiner Pater Rupert Sarach. Zu schnell ist für ihn das Gott-Vater gewidmete Jahr vergangen. Längst hatte er nicht das geschafft, was er sich für diese Zeit vorgenommen hatte. "Doch es ist wichtig, dass wir mit Gott niemals fertig werden und sagen, wir haben alles durchmeditiert", betonte der Benediktiner am Anfang des jüngs-ten Wechselburger Samstages. Dieser Tag war noch einmal ganz auf das Gott-Vater-Jahr ausgerichtet und fand am 20. November im Haus der Begegnung an der Stiftskirche statt
Pater Rupert wies auf die Schwierigkeiten hin, die viele Menschen heute mit dem Gottesbild haben. Auf einer Kinderzeichnung beispielsweise wird Gott eng mit moderner Technik in Verbindung gebracht. Einflüsse der Alltagswelt bestimmen so immer wieder die Vorstellungen. Besonders schwierig, so Pater Ruppert, sei auch das bei vielen Menschen vorhandene Vaterbild, entweder haben sie keines oder es ist negativ besetzt, etwa mit den Attributen der Macht. Da-raus ergibt sich die Frage, wie dem modernen Menschen Gott als Vater nahe gebracht werden kann. Problematisch sei weiter, was Menschen im Laufe der Jahrhunderte alles aus Gott gemacht haben: "... den Kassierer, den Buchhalter, den Sensenmann, einen Lückenbüßer in allen Lebenslagen." Menschen würden dazu neigen, Gott die Verantwortung aufzubinden und sich so aus der eigenen zu stehlen. In diesem Zusammenhang zitierte Rupert Sarach den Theologen Karl Rahner. Dieser sagte einmal, dass es Gott sei Dank nicht das gibt, was sich 70 bis 80 Prozent der Menschen unter Gott vorstellen. Was aber und wie ist Gott? Pater Rupert machte sich mit den Zuhörern auf die Suche
Er betonte, dass es für ihn wichtig ist, am Vaterbild festzuhalten. Zugleich machte er deutlich, dass Gott größer ist als alle Bilder. "Wir Menschen stellen ihn uns zu klein vor, zu eng, zu fromm. Gott darf meine Vorstellungen sprengen" Gott-Vater, so der Benediktiner, sei an allem interessiert. Bei einem Seminar zu diesem Thema in Schmochtitz sagte beispielsweise eine Teilnehmerin: "Gott ist wie zwei Hände, die mich auffangen." Pater Rupert machte Mut, die Menschen sollten sich selbst überschreiten auf Gott hin. "Wir müssen Gott in uns tragen und im Mitmenschen erkennen, in all seinen guten Seiten wie in allen Brüchigkeiten." Um das zu können muss der Mensch immer wieder im Dialog mit Gott bleiben. Die anderen Menschen sind ein Geschenk, das Gebet "gibt mir die Mitmenschen zurück". "Indem wir Vater sagen, spüren wir Geborgensein. Es gibt einen Sinn für mich, eine Aufgabe. Ich bin nicht der Beliebigkeit und der Gleichgültigkeit ausgesetzt."
Schrei und Aufbegehren des Menschen könnten so wieder zu Vertrauen werden, damit etwas Großes entstehen kann. Rupert Sarach stellte dabei die Fragen: "Was habe ich für eine Alternative, wenn ich mein Kindsein aufgebe? Bin ich dann wirklich frei?
Noch einmal zum Gebet zurück kommend betonte Pater Rupert, dass der Glauben und das Sprechen mit Gott zusammen gehören, "Glaube ist Sprache". "Gott muss mir wichtiger sein, als viele andere Dinge." Und schon jeder bewusste Glaubensvollzug sei so etwas wie ein Gebet. Dieses, so Pater Sarach, solle ein natürlicher Vorgang werden, bei dem der Mensch nichts ausklammern muss. Alles gehört ins Gebet, die ganze Wirklichkeit kann mit hinein genommen werden, auch die ganz alltäglichen, oft belanglos erscheinenden Dinge
"Konkretes Beten hält wach, wir erzählen von dem was wir erlebt haben und wir dürfen den Mitmenschen mit vor Gott tragen", sagte Rupert Sarach. Dabei müsse es nicht immer das ganz große Gebet sein. Oft reichen kurze Formeln wie "Vater, ich komme nicht zurecht mit dir" oder "Hilf doch diesem Menschen" oder einfach nur ein kurzes "Danke für diesen Tag". Wer so betet, für den werde der Tag durchlässiger. Und dass Menschen zu Gott "du" sagen können, "ist das größte, was wir erleben."
Abschließend lud Pater Rupert zu einer Bibelarbeit über das Buch Jona ein. Dabei wurde der Aspekt "Fluchtwege vor Gott" deutlich. Jona flieht, verweigert sich - doch Gott geht ihm nach. Ähnlich gehe es dem modernen Menschen - seine Fluchtwelten heißen Arbeit oder Welt des schönen Scheins. Doch, so wurde es deutlich, Fluchtwege kommen teuer zu stehen. Dabei ist es mehr als ein Trost, was Pater Rupert sagte: "Wir fliehen immer wieder in Gottes Arme zurück."
Aufgenommen in die Online-Ausgabe: Sonntag, 05.12.1999