Jetzt 4 Wochen kostenfrei Tag des Herrn lesen!
Bistum Erfurt

Hoffen auf den Staat

Elisabeth-Empfang

Erfurt (tdh) - Nach der entgültigen Weisung des Papstes, in den kirchlichen Beratungsstellen keine Beratungsscheine mehr auszustellen, will Bischof Joachim Wanke "nach Möglichkeiten suchen, auch "ohne Schein" in der Konfliktberatung bleiben zu können. Die Qualität der kirchlichen Beratung für das Leben sei "staatlicherseits so anerkannt, dass wir gemeinsam, Land und Bistum, hier vor Ort überlegen sollten, ob sich ein gangbarer Weg findet, unseren Dienst auch weiterhin so zu tun, dass wir die unentschiedenen Frauen durch unsere Beratungsstellen erreichen können", sagte der Bischof beim diesjährigen Elisabeth-Empfang für Vertreter aus Politik und Gesellschaft am 24. November in der Erfurter Bildungsstätte St. Martin

"Beratung ist für mich eine Barriere vor dem Abgrund einer Tötung, keine Ermöglichung von Tötung, wie leider auch in-nerkatholisch immer wieder behauptet wird", so der Bischof. Bei allem Ungenügen der staatlichen Gesetzgebung, besonders was die Tötungsmöglichkeit behinderter Kinder bis zum Zeitpunkt der Geburt betreffe, halte er die derzeitige Beratungsregelung "für unendlich besser als die bloße Fristenregelung, die im Gefolge der Wiedervereinigung ja schon für die Bundesrepublik beschlossenes Gesetz war". Insofern hofft der Bischof auf eine Lösung mit dem Staat, der es ihm "in selbstverständlicher Loyalität zum Papst und seiner weltkirchlichen Verantwortung trotzdem um der betroffenen Frauen willen" möglich macht, an der Rettung ungeborener Kinder weiter mitwirken zu können. Im Übrigen seien die "katholischen Probleme mit dem Beratungsschein" für ihn kein "Zentralthema des Staat-Kirche-Verhältnisses", so der Bischof. Stattdessen liege ihm die "zuverlässige Kooperation von Staat und katholischer Ortskirche aus je eigenem Selbstverständis und zugunsten der Menschen unseres Freistaates" auch für die Zukunft sehr am Herzen

Der Bischof rief die Politiker zudem auf, den Lebensbedingungen von Familien "die gleiche Aufmerksamkeit zu schenken wie etwa den Standortbedingungen der Wirtschaft". Wanke warnte davor, "unter dem Vorzeichen einer Gleichbehandlung anderer Formen des Zusammenlebens den besonderen rechtlichen Schutz von Ehe und Familie einzuebnen". Außerdem forderte der Bischof, eine Änderung des Landenschlussgesetzes dürfe nicht die bestehenden Ausnahmen der Sonntagsöffnung erweitern. Auch sollten Ladenschlusszeiten an Werktagen "behutsam behandelt werden"

Hinsichtlich der Integration der Theologischen Fakultät Erfurt in die Universität unterstrich Wanke den Wunsch der ostdeutschen Bischöfe nach einer vollen Eingliederung der kirchlichen Ausbildungsstätte. "Nachdem unserer kirchlichen Hochschule im Mai diesen Jahres zunächst der Status einer kirchlichen theologischen Fakultät verliehen wurde, halten die Trägerbischöfe am Ziel der Integration in die Universität Erfurt fest". Wanke dankte der Landesregierung, "dass sie neben den Kooperationsbestrebungen zwischen den Hochschulen auch die Integrationsbemühungen unterstützt". Die Bischöfe hofften, dass die vom Vatikan ermöglichten Sondierungsgespräche "die Voraussetzungen für Integra-tionsverhandlungen schaffen"

In einem von Kultusminister Michael Krapp (CDU) bei dem Empfang vorgetragenen Grußwort von Ministerpräsident Bernhard Vogel begrüßte dieser die bereits bestehende "enge Kooperation" zwischen Theologischer Fakultät und Universität Erfurt. Die Sondierungsgespräche für Möglichkeiten einer vollen Integration würden noch in diesem Jahr fortgesetzt, so Vogel in seiner Kurzansprache. Der Ministerpräsident ermutigte in seiner von Kultusminister Krapp vorgetragenen Ansprache die Kirche dazu, sich immer wieder in die anstehenden gesellschaftlichen Fragen einzumischen. Dies gelte etwa zunehmend für den Dialog mit der Wissenschaft

Auch Landtagspräsidentin Christine Lieberknecht wies auf die wichtige Aufgabe der Kirchen hin, sich von ihren Positionen her zum Wohl der Gesellschaft einzumischen. In den Auseinandersetzungen der Zeit könne schließlich "der besser Kurs halten", der "nicht nur auf den Wogen des Zeitgeistes surft, sondern seine Meinungen auf festen und tragfähigen Fundamenten gründet, die nicht von jedem Umschwung des intellektuellen Mainstreams hinweggeschwemmt werden", so Frau Lieberknecht

Auch der Beigeordnete für Kultur, Joachim Kaiser, unterstrich im Namen von Erfurts Oberbürgermeister Manfred Ruge das Interesse der Stadt an einer vollen Zugehörigkeit der Theologischen Fakultät zur Universität. Kaiser sagte der Kirche im Namen der Stadt Erfurt weitere Hilfe für die Sanierung kirchlicher Bauten zu

Dieser Beitrag wurde veröffentlicht in Ausgabe 48 des 49. Jahrgangs (im Jahr 1999).
Aufgenommen in die Online-Ausgabe: Sonntag, 05.12.1999

Aktuelle Empfehlung

Der TAG DES HERRN als E-Paper - Jetzt entdecken!

Aktuelle Buchtipps