Jetzt 4 Wochen kostenfrei Tag des Herrn lesen!
Aus der Region

Prägende Persönlichkeit zur Jahrtausendwende

Zum 1000. Todestag von Kaiserin Adelheid

Viele Besucher des Meißner Doms werden im Hohen Chor besonders von vier lebensgroßen Stauen beeindruckt, von denen das Bildwerk, das die Kaiserin Adelheid darstellt, besondere Bewunderung auf sich zieht. Die Blickintensität dieser Plastik aus der Mitte des 13. Jahrhunderts und die Wendung zum Betrachter hin verfehlen selten ihre Wirkung

Die Erinnerung an den Todestag der Dargestellten am 16. oder 17. Dezember vor 1000 Jahren rückt dieses Bildwerk noch stärker als sonst in den Mittelpunkt des Interesses. Im Unterschied zu den benachbarten Statuen scheint Adelheid im Schritt innezuhalten. Mit gezierter Geste rafft sie mit der linken den hermelinbesetzten Mantel auf und mit der rechten Hand greift sie nach dem "snurlein", von dem der Mantel über der Brust zusammengehalten wird. Ihre weitgeöffneten Augen stahlen vor Freude, während ihr Mund trotz des angedeuteten Lächelns verschlossen bleibt. Vieles davon ist der damaligen ritterlich-höfischen Kultur geschuldet, aber gerade deswegen wirkt die Statue so lebensecht, dass wir sehr schnell dazu neigen, uns Adelheid so und nicht anders vorzustellen. Die Zeitgenossen haben ihre Schönheit, Anmut und Eleganz gerühmt und wir möchten gern glauben, es wäre dem Bildhauer zweieinhalb Jahrhunderte nach ihrem Tod darum gegangen, Adelheid als Persönlichkeit so unmittelbar als möglich darzustellen

Anhand der Chroniken und Urkunden verfügen wir über genügend Hinweise, um den Lebensweg dieser ungewöhnlichen Frau einigermaßen zuverlässig nachzeichen zu können. Adelheid ist um 931 als Tochter des Königs Rudolf II. von Hochburgund zur Welt gekommen. Mit 16 Jahren wurde sie 947 mit dem Thronerben des oberitalienischen Königreiches in Pavia verheiratet. An die Heirat Lothars mit Adelheid knüpfte man die berechtigte Hoffnung, die Ehe werde zu einer Stabilisierung der politischen Verhältnisse in Oberitalien beitragen. Die diesbezüglichen Erwartungen konnten sich jedoch nicht erfüllen, Lothar starb bereits im November 950 völlig unerwartet. Einer angedrohten Zwangsverheiratung entzog sich Adelheid durch Flucht. Auf der Burg Canossa fand sie Zuflucht. Von dort aus bat die 947 zur Königin Gekrönte den ostfränkischen König Otto den Großen um Hilfe, dessen Frau Edgitha bereits fünf Jahre vorher gestorben ist. Offensichtlich wurde dabei sehr schnell von beiden Seiten eine zukünftige Heirat ins Auge gefasst. Eigene politische Interessen in Italien, aber auch die engen Beziehungen zwischen Otto und Adelheids Bruder, König Heinrich von Hochburgund, dürften dabei für Otto eine Rolle gespielt haben

Gegen Ende des Jahres 951 wurde die Ehe in Pavia geschlossen, nachdem der Sachse ohne auf nennenswerten Widerstand zu stoßen, den Königstitel und die Königsherrschaft in Oberitalien für sich in Anspruch genommen hatte. Vier Kinder sind aus dieser Ehe hervorgegangen, von denen nur zwei überleben sollten. Als Otto der Große am 2. Februar 962 in Rom die Kaiserkrone empfing, wurde Adelheid ebenfalls gesalbt und gekrönt. Eine derartige Rangerhöhung entsprach bis dahin durchaus nicht der Regel. In den Kaiserurkunden wird sie fortan als "consors imperii" - Teilhaberin der Reichsherrschaft - bezeichnet. Zu ihren täglichen Aufgaben gehörten viele Pflichten. So begleitete sie beispielsweise ihren Mann Otto, der in Ausübung seines Amtes ständig unterwegs war. Wenn sich fremde Gesandte am Hof aufhielten, wurden ihre Sprachkenntnisse - Altfranzösisch, Italienisch und oberdeutsche Dialekte - in Anspruch genommen. Otto selbst bediente sich des Altsächsischen, das nicht überall verstanden wurde. Dass er in höherem Alter noch lesen lernte, ist wahrscheinlich Adelheid zuzuschreiben

Bittsteller wendeten sich in ihren Anliegen zuerst an sie und nicht direkt an den Herrscher. Es war bekannt, dass niemand in seiner Umgebung so wie sie über nachhaltigen Einfluss verfügte. 90 Urkunden belegen, dass Adelheid von Otto dem Großen immer wieder einen solchen Gnadenerweis bewirkte. Gerade durch diese Wirksamkeit unterscheidet sie sich von ihren Vorgängerinnen

Am 7. Mai 973 starb Otto in der Pfalz Memleben. Der Verstorbene wurde auf seinen Wunsch hin an der Seite seiner ersten Frau Edgitha im Vorgängerbau des Magdeburger Domes beigesetzt. Der Entschluss Adelheids, sich nicht am selben Ort, sondern in der von ihr ins Leben gerufenen Abtei Seltz bestatten zu lassen, scheint irgendwie damit in Zusammenhang zu stehen. Als Witwe war sie weiterhin mit dem Königshof unterwegs, bis es im Juni 975, bei einem Aufenthalt in Dornburg an der Saale zu einem tiefen Zerwürfnis mit ihrer Schwiegertochter Theophanu kommt. Der einflussreiche Abt Odilio von Cluny (994 bis 1049) sucht dafür die Schuld bei Theophanu, Adelheid hätte sich durch Nachsicht und Großmut hervorgetan. Erst ein Jahr vor dem Tod des 28-jährigen Otto II. am 6. Dezember 983 scheint es in Verona wenigstens teilweise zu einer Aussöhnung gekommen zu sein

Ihre letzten Jahre verbrachte Adelheid vorwiegend im Kloster Seltz im Elsaß. Im Januar 1097 sprach Papst Urban II. die Königin und Kaiserin heilig. Adelheid gehört zu den herausragenden Personen, die für die Zeit um die Jahrtausendwende besonders prägend gewesen waren

G. Walter/tdh (gekürzt)

Dieser Beitrag wurde veröffentlicht in Ausgabe 50 des 49. Jahrgangs (im Jahr 1999).
Aufgenommen in die Online-Ausgabe: Sonntag, 19.12.1999

Aktuelle Empfehlung

Der TAG DES HERRN als E-Paper - Jetzt entdecken!

Aktuelle Buchtipps