Selbsthilfe oft einzige Alternative
Magdeburg: Caritas-Kontakt- und Beratungsstelle für Selbsthilfegruppen besteht zehn Jahre
Magdeburg (ep) -Anna-Maria Bernreuther (49) leidet an Lupus Erythematodes (LE). Das ist eine chronische Krankheit, bei der sich das Immunsystem -also die körpereigene Abwehr von Krankheitserregern -gegen den eigenen Körper kehrt mit der Folge, dass Haut, innere Organe wie Nieren oder Lunge, Muskel- und Nervensystem, Gelenke und Gefäße entzündlich erkranken können und es zu einer starken Schädigung des Körpers kommt. Da die Krankheit relativ selten auftritt, haben viele Ärzte kaum Erfahrung damit. Da ist es für die Betroffenen gut, sich mit anderen LE-Kranken auszutauschen und Wege zu finden, um sich umfassend über Symptome der Krankheit, über neue Forschungsergebnisse, über Therapien und Medikamente informieren zu können.
Vor diesem Hintergrund gründeten Anna-Maria Bernreuther und eine Hautärztin mit Hilfe der Mitarbeiterinnen der Caritas-Kontakt- und Beratungsstelle für Selbsthilfegruppen (KOBES) vor zehn Jahren, als die Kontaktstelle selbst gerade aufgebaut wurde, die Magdeburger LE-Selbsthilfe. "Da es sich um eine nicht heilbare Erkrankung handelt, die mit vielen unangenehmen Nebenerscheinungen verbunden ist, habe ich nach Menschen gesucht, die in ähnlicher Situation sind", sagt Frau Bernreuther. "Es ist gut, von anderen verstanden zu werden, weil sie selbst die gleichen oder ähnliche Probleme haben und mit der Krankheit vertraut sind."
Leiterin der Kontakt- und Beratungsstelle für Selbsthilfegruppen (KOBES) ist heute Christel Leidt: "Wir vermitteln Hilfesuchenden mit seelischen, gesundheitlichen und sozialen Problemen, aber zum Beispiel auch Ärzten für ihre Patienten und Klienten Kontakte zu bereits bestehenden Gruppen oder zu anderen Betroffenen", sagt Frau Leidt. "Bei uns in der KOBES treffen sich Patienten mit verschiedensten Krankheiten, aber auch Alkoholabhängige oder Stotterer, Menschen, die gerade ihren Partner verloren haben oder etwa Eltern, deren Kinder straffällig geworden sind."
"Oft", so Frau Leidt, "scheint der Weg in eine Selbsthilfegruppe zu Betroffenen, die sich in ähnlicher Situation befinden, die einzig verbleibende Möglichkeit, etwas zur Bewältigung und Lösung der eigenen Probleme zu tun. Informationen und Zugangswege sind aber oft nicht so einfach zu bekommen. Hier setzt unsere Hilfe an."
Frau Leidt und ihre Kollegin führen Hilfe Suchende in Gruppen zusammen, helfen beim Aufbau der Gruppen und unterstützen sie bei ihrer Arbeit, eröffnen den Kontakt zu den Fachverbänden auf Landes- und Bundesebene, kümmern sich um die Finanzierung der Arbeit vor allem durch die Krankenkassen. Derzeit ist Frau Leidt dabei, eine Gruppe für Angehörige von Menschen aufzubauen, die sich das Leben genommen haben. Entstehen soll auch eine Gruppe für zuckerkranke Kinder.
"Wichtig ist, dass sich die Gruppen regelmäßig treffen und zu einer kontinuierlichen Arbeit finden", sagt Frau Leidt. In manchen Gruppen seien aus der regelmäßigen inhaltlichen Arbeit auch gemeinsame Aktivitäten im Freizeitbereich entstanden. Viele der Selbsthilfegruppen würden sich Arbeitspläne erstellen. Die mehr als 20 Mitglieder zählende LE-Selbsthilfe von Frau Bernreuther zum Beispiel kommt einmal im Monat in den Räumen der KOBES zusammen, um sich auszutauschen, Informationen weiterzugeben, mit eingeladenen Experten zu sprechen. Mitglieder nehmen am von der KOBES organisierten jährlich stattfindenden Selbsthilfetag teil, besuchen Patientenseminare auch anderer Regionalgruppen und geben entsprechende Informationen an die eigenen Mitglieder weiter. Vertreter der LE-Selbsthilfe nehmen an Regionaltagen anderer Verbände teil.
Auf alle Fragen und Anliegen von Hilfe suchenden eine umfassende Antwort geben, kann Frau Leidt nicht. Und auch bestimmte Ärzte vermitteln kann und will sie nicht, wie sie betont, wohl aber den Hilfe suchenden Tipps geben, wo sie Unterstützung bekommen können und sie an entsprechenden Fachdienste wie Alkoholikerberatung, Schuldnerberatung, Erziehungs-, Familien- und Lebensberatung vermitteln.
Die Kontakt- und Beratungsstelle befindet sich am Magdeburger Hasselbachplatz, also in zentraler, gut zu erreichender Lage. Hier stehen Räume für unterschiedlich große Gruppen und eine Teeküche zur Verfügung, die die Selbsthilfegruppen kostenlos nutzen können. KOBES kümmert sich auch um Referenten, die die Vertreter der verschiedenen Gruppen zum Beispiel über Veränderungen in der Sozialgesetzgebung, über Rentenfragen, über die Beantragung von Mitteln und vieles mehr regelmäßig informieren. KOBES hilft bei der Durchführung von Veranstaltungen und bei der Öffentlichkeitsarbeit.
Die Kontakt- und Beratungsstelle für Selbsthilfegruppen gibt es seit zehn Jahren. 1991 erhielt der Caritasverband für das Bistum Magdeburg den Zuschlag für ein entsprechendes Bundesmodellprojekt in den neuen Ländern. Gleichzeitig entstanden Einrichtungen in Halle und Gardelegen. In dieser Woche lud Leiterin Christel Leidt zu einer Feierstunde ins Magdeburger Roncalli-Haus ein, bei der Rückblick auf die Jahre seit Gründung der KOBES gehalten wurde: Seit 1993 in Trägerschaft des Caritasverbandes für das Dekanat Magdeburg, treffen sich inzwischen in mehr als 25 verschiedenen Gruppen regelmäßig Menschen mit unterschiedlichsten Problemen und Krankheiten, darunter auch die LE-Selbsthilfegruppe. Frau Bernreuther jedenfalls kann jedem Betroffenen nur raten, sich solch einer Gruppe mindestens als stilles Mitglied anzuschließen. Denn für einen geringen Jahresbeitrag, bei LE sind es 40 Mark, erhalten die Mitglieder viele Informationen und Tipps zu ihren Problemen.
Infos: Kontakt- und Beratungsstelle für Selbsthilfegruppen (KOBES) der Caritas, Gesundheitszentrum Hasselbachplatz, Breiter Weg 251, 39104 Magdeburg, Tel. 0391/6208320, Fax 0391/6208329.
Aufgenommen in die Online-Ausgabe: Mittwoch, 12.12.2001