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Aus der Region

Der Stern

Adventskalender (V)

"Das kann ich doch nicht", sagte Leuchtbert erschrocken. Schon seit einigen Jahrhunderten war er als Stern am Nachthimmel beschäftigt. Immer abends ging er auf, tagsüber ruhte er sich aus und machte sich, wenn es spät wurde, wieder an die Arbeit. Eigentlich hatte er Routine. Aber, um was Gott ihn da eben gebeten hatte, das war zu schwierig. Ein Großeinsatz! Jeden Nacht und dazu am Tag sollte er tiefgelb leuchten. Drei Männer aus dem Orient bräuchten ihn als Wegweiser, hatte Gott erklärt

Leuchtbert wusste nicht, wie er das schaffen sollte. Schließlich war er einer der kleinsten und schwächsten Sterne. Meist konnten ihn die Menschen unten auf der Erde gar nicht mit bloßem Auge erkennen - so blass war er. "Warum denn nur ausgerechnet ich?", fragte sich Leuchtbert. "Ich helfe dir", hatte Gott noch gesagt und dann war er gegangen. Leuchtbert konnte Gott sehr gut leiden. Er wollte ihm den Wunsch nicht abschlagen. Wahrscheinlich nur aus diesem Grund sagte er schließlich zu

Am nächsten Morgen ging's los - wenn Leuchtbert auch noch zweifelte. Er hatte extra viel zum Frühstück gegessen - wegen der Leuchtkraft. Ach, da unten die drei gut gekleideten Herren, das mussten wohl die richtigen sein. Als er aufging, guckten sie hoch und zeigten auf ihn. Und als er sich dann in Richtung Betlehem aufmachte, so wie Gott es gesagt hatte, liefen sie ihm hinterher. Zu seiner Beruhigung merkte Leuchtbert bald, dass die drei nicht so schnell vorwärts kamen. Da konnte er selbst ja auch ein bisschen langsamer machen. Das sparte Kräfte. Gegen Abend dann wurde er allerdings immer schwächer. Ab und zu wurde ihm vor Anstrengung richtig schwindelig. Doch gerade als er fast verzweifelt aufgeben wollte, merkte Leuchtbert, dass er - wie von alleine - tiefgelb schien

So ging es von nun an jeden Tag. Immer wenn Leuchtbert dachte: "Puh, jetzt kann ich aber nicht mehr hell scheinen", dann war er noch viel heller als je zuvor. So kamen die drei Männer und der Stern immer weiter in Richtung Betlehem. Einmal hätten sie sich fast verlaufen. In einem ruhigen Augenblick, als sie gerade die Wüste durchquerten, war Leuchtbert nämlich eingeschlafen. Die drei Wanderer konnten ihn nun gar nicht mehr sehen. Wohin sollten sie? Zum Glück kam ein starker Westwind geblasen, Leuchtbert wachte auf, und die Reise konnte weiter gehen

Nach mehreren Wochen trafen sie abends endlich in Betlehem ein. Was für ein Wochentag es war, ist nicht mehr genau bekannt. Jedenfalls muss es schon ziemlich spät gewesen sein. Gerade als Leuchtbert über einem alten Stall schien, rief Gott ihm zu, er könne jetzt stehenbleiben. Er sollte sich ruhig auch mal von oben ansehen, was für ein Baby in der Futterkrippe im Stall liege. Das sei nämlich der Retter der Menschen, fügte Gott hinzu, "der wichtigste Mensch auf Erden"

Jetzt verstand Leuchtbert gar nichts mehr. Die drei gut gekleideten Wanderer gingen in den schmutzigen Stall und begannen, das winzige Baby darin wie einen König anzubeten. "So ein kleines Kind - der wichtigste Mensch auf Erden?" Im ersten Moment kam das Leuchtbert komisch vor. Doch je mehr er drüber nachdachte, um so mehr ahnte er, dass Gott gerne winzige Babys zu Königen machte, so wie er einen schwachen Stern ganz hell aufleuchten ließ.
jus

Dieser Beitrag wurde veröffentlicht in Ausgabe 51 des 49. Jahrgangs (im Jahr 1999).
Aufgenommen in die Online-Ausgabe: Sonntag, 26.12.1999

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