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Bistum Magdeburg

Fest der Besinnlichkeit

Weihbischof Feige

Weihnachten, so hört man es in diesen Tagen oft, sei das Fest der Besinnlichkeit. Aber was ist das eigentlich: Besinnlichkeit? Was wird darunter verstanden?

Lassen wir doch zunächst einfach mal die ersten Buchstaben weg. Übrig bleibt: Sinnlichkeit. Tatsächlich ist Weihnachten ein Fest, an dem alle Sinne zum Zuge kommen: Es gibt viel zu sehen, zu riechen, zu tasten; köstliche Gerichte werden aufgetischt, gemütvolle Musik erklingt und viele tauschen Zärtlichkeiten aus. In diesen Tagen merken wir mehr als sonst, dass der Mensch nicht nur einen Kopf hat und Vernunft, sondern auch Sinne und Gefühl

Mit Besinnlichkeit meinen wir aber auch Besinnung. Viele wünschen sich, der sonstigen Hektik zu entfliehen und zur Ruhe zu kommen. Auf einmal merken sie wieder, wie wichtig ihnen andere Menschen sind: Eltern, Kinder, Freunde und Nachbarn. Grüße, gute Wünsche und Geschenke bringen dies zum Ausdruck und zeigen: Es ist gut, dass es dich gibt; ohne dich wäre mein Leben ärmer

Mancher denkt zudem über sich und sein Leben nach: über Erfolg und Misserfolg, über Stärken und Schwächen. Kindheitserinnerungen erwachen und manchmal steigt Wehmut auf, weil alles nicht mehr so ist, wie früher: Kräfte nehmen ab, manche Wegbegleiter von einst leben nicht mehr. Und vielleicht holt uns bei unserer Besinnung auch die Welt mit ihren Problemen ein, mit Katastrophen und Kriegen, mit Unmenschlichkeit, Elend, Armut und Hunger

Hier kann man auf einmal in Gefahr geraten, an Weihnachten zu zweifeln oder vielleicht sogar zu verzweifeln: Ein Fest des Friedens, der Familie und der Besinnlichkeit?

Schließlich hat Besinnlichkeit das kleine Wörtchen "Sinn" in sich und beim Weihnachtsfest geht es vor allem um den Sinn unseres Lebens. Seine Botschaft lautet: Gott ist Mensch geworden! Wir sind nicht Verdammte dieser Erde; wir sind nicht uns selbst überlassen oder ausgeliefert. Gott lebt und nimmt sich unser an. In Jesus Christus hat er sich in diese Welt voll Tränen und Schmerz hinein begeben, damit da in aller Not niemand gänzlich verlassen sei, damit alle gerettet werden

Von Anfang an steht aber auch fest: Gott kommt nicht so, wie wir ihn gern hätten. Er wählt einen unpopulären Weg: als Kind in der Krippe, hilflos, am Rande der zivilisierten Welt, als kleines Licht in der Finsternis, als zarte Rose mitten im kalten Winter. Und so ist die Weihnachtsbotschaft für alle da. Ein Anlass zur Hoffnung und Freude

Weihbischof Gerhard Feige

Dieser Beitrag wurde veröffentlicht in Ausgabe 51 des 49. Jahrgangs (im Jahr 1999).
Aufgenommen in die Online-Ausgabe: Sonntag, 26.12.1999

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