Von Kindern fragen lernen
Pater Damian
Eltern und Lehrer haben ihre Erfahrungen mit fragenden Kindern. Erstaunlich, was die Kinder wissen wollen und worüber sie nachdenken! Und wie oft sind die Erwachsenen in Verlegenheit um eine Antwort, wenn die Kleinen nicht aufhören mit ihren "Warum-Fragen".
Der amerikanische Philosophieprofessor Gareth Matthews ist überrascht von der philosophischen Begabung seiner vierjährigen Tocher. Er berichtet: Unsere Katze Fluffy hatte Flöhe und ich wollte sie mit Flohpulver behandeln. Sarah beobachtete das einfache Ritual mit großem Interesse. "Daddy", fragte sie nach einer Weile, "wie hat Fluffy die Flöhe bekommen?" "Nun", antwortete ich arglos, "sie wird wohl mit einer anderen Katze gespielt haben, von der sie dann auf Fluffy gehüpft sind." Sarah überlegte: "Und wie hat diese Katze die Flöhe gekriegt?" "Ach so, wahrscheinlich wird sie mit noch einer anderen Katze gespielt haben, von der dann die Flöhe auf die Katze gehüpft sind, mit der Fluffy später gespielt hat," gab ich lässig als Antwort. Sarah schwieg eine Weile. "Aber Daddy", sagte sie darauf ernst, "es kann doch nicht unendlich so weitergehen, das einzige, was unendlich weitergehen kann, sind Zahlen!" Matthews hatte in jenen Wochen in einem Seminar über "Gottesbeweise" mit den Studenten sehr abstrakt über die "Erste Ursache" diskutiert. Und hier kommt seine kleine Tochter durch eine einfache Beobachtung zum Gedanken eines "ersten Flohs"!
Die kleinen Fragen der Kinder sind oft die großen Fragen der Philosophie und Theologie, beispielsweise Gott und Welt und Mensch und Ich: "Was war denn vor dem Anfang?" "Was kommt nach dem Ende?" Karl Jaspers, ein Hauptvertreter der Existenzphilosophie, schreibt: "Ein wunderbares Zeichen dafür, dass der Mensch ursprünglich philosophiert, sind die Fragen der Kinder." Glücklich, wer auch als Erwachsener noch staunen kann, wer neugierig ist und nicht aufhört zu fragen!
Pater Damian Meyer
Aufgenommen in die Online-Ausgabe: Sonntag, 16.01.2000