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Bistum Erfurt

Wiedersehen im Jugendhaus

Sebastianstag

Erfurt-Hochheim (ep) - "An was ich mich erinnere, wenn ich an das Jugendhaus St. Sebastian denke": Dies war eine der Rubriken, die die Teilnehmer des Sebastianstages 2000 am vergangenen Wochenende zu Beginn des Treffens in ihrem persönlichen Steckbrief ausfüllen sollten. An einer Pinnwand war dann zu lesen: "An viele nette Begegnungen und gute Gespräche, die mein Leben bereichert haben." "An fünf Mark Strafe, weil ich im Jungenzimmer war." "An den Osterkurs." "An das Advents-wochenende."

62 Ehemalige waren nach Erfurt-Hochheim gekommen, um alte Bekannte zu treffen, neue Kontakte zu knüpfen und ihr Jugendhaus wieder zu sehen, aber auch thematisch miteinander zu arbeiten. Denn dazu reizte nicht zuletzt auch mit Bischof Joachim Wanke als Referenten das Thema ",Macht' und ,Ohnmacht' der Kirche. Erfahrungen eines Bischofs aus der Vor- und Nachwendezeit." Davon und von der zu erwarteten Gemeinschaft ließen sich zum Beispiel Dorothea Hahn (28) aus Dingelstädt und Anje Hamatschek (25), Goslar, zur Teilnahme animieren. Für Sylvia Trabs (58) aus Freiburg (Sachsen) war es vor allem die Gelegenheit, ihrem Schulkameraden und heutigen Bischof Joachim Wanke zu begegnen und nach 40 Jahren das Jugendhaus wieder zu sehen. Christl Herzog (59) aus Gotha, die zum "legendären Kreis" der Sebastianer gehört, äußerte sich erfreut darüber, dass dieses jährlich stattfindende Wochenende in guter Weise Christen zwischen 20 und 70 Jahren zusammenführt

"Wirkliche ,Macht' über die Herzen der Menschen hat nur Gott", so Bischof Wanke in seinem Referat. Kirche und Christen könnten "Erntehelfer" der durch Gottes Saat gewachsenen Früchte sein. "Wo sich die Kirche durch weltliche Macht korrumpieren lässt, ist sie unglaubwürdig, ,ohnmächtig'", so der Bischof. "Stärken" der Kirche seien: "demütiges Selbstbewusstsein im Blick auf die eigene gnadenhafte Berufung, sanfte Entschiedenheit für Gott und seinen Willen und gelassenes Engagement in und für die Welt" - drei Haltungen, die in einer der dann am Samstagnachmittag gebildeten Gesprächsgruppen diskutiert und bedacht wurden.

Für Wanke hat es in der Vorwendezeit neben Ohnmachts- auch positive Erfahrungen gegeben. So sei etwa in der DDR die Chance, "glaubwürdig zu glauben" größer als heute gewesen, weil man davon keine gesellschaftliche Vorteile hatte. Der Bischof erinnerte auch an die "selbstverständliche Ökumene" dieser Zeit. Mit der Wende hätten in der Gesellschaft massive "Diesseitsvertröstung", Anspruchsdenken und "Verdachtsmentalität" Einzug gehalten, denen sich auch die Kirche nicht selten ohnmächtig ausgeliefert sehe. So würden bestimmte Medien an alles und an jeden mit einem prinzipiellen Verdacht herangehen, so sehr sie andererseits auch Machenschaften ans Tageslicht beförderten. Wanke beklagte zudem die gewachsenen innerkirchlichen Polarisierungen.

Als positive Nachwende-Erfahrungen konstatierte Wanke hingegen eine "tapfere Annahme der gewandelten Situation" und "kirchliche und gesellschaftliche Lernbereitschaft" in den neuen Bundesländern. Es sei "heilsam, dass durch die Wende manche Verkrustungen aufgebrochen" wurden. Leider sei die Kirche - "unser kirchliches Gehabe" - noch zu wenig in der Lage, die froh machende und heilende Botschaft des Evangeliums genügend deutlich werden zu lassen. Christsein heute bedeute, in einen "konstruktiven Widerspruch zu einer gottvergessenenen ,Leistungs-, Erlebnis- und Spaßgesellschaft" zu treten

"Mitwirkung erwünscht?" Unter diesem Thema diskutierte am Nachmittag eine der fünf gebildeten Gruppen die Situation der Teilhabe an der "Macht" in den Gemeinden. Im Plenum wurden dann Ergebnisse vorgestellt. Bischof Wanke empfahl, in den Gemeinden bei der Wahl der Pfarrgemeinderatsvorsitzenden ein Rotationsprinzip anzuwenden. Bei Problemen in den Gemeinden sollten sich die Pfarrgemeinderäte an die Dechanten und nicht gleich an den Bischof wenden. Um Gemeinden immer wieder zum Neuaufbruch zu führen, ermutige er die Pfarrer, sich von Zeit zu Zeit eine neue Stelle zu suchen, so Wanke

Das Thema für den Sebastianstag 2001 steht bereits fest: Dann soll es um Fragen der Gentechnik aus christlicher Sicht gehen.

Dieser Beitrag wurde veröffentlicht in Ausgabe 4 des 50. Jahrgangs (im Jahr 2000).
Aufgenommen in die Online-Ausgabe: Sonntag, 23.01.2000

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