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Bistum Görlitz

Bernd Lattig, Leiter der Caritas Cottbus

Vorgestellt

Bernd Lattig"Das habe ich auch so ein bisschen mit initiiert." - Ein Satz, der Bernd Lattig, Leiter der Caritas-Kreisstelle Cottbus immer mal über die Lippen kommt. Und das nicht unberechtigt: Beim ObdachlosencafÈ, das vor wenigen Monaten in Cottbus eröffnet wurde, hat der Sozialarbeiter seine Finger im Spiel gehabt, ebenso bei der Notfallseelsorge, die seit etwa einem Jahr auf der Basis von ehrenamtlichen Bereitschaftsdiensten arbeitet. Auch das Lazarus-Hilfswerk, das sich um Behindertentransporte kümmert, verdankt seinen ersten Kleinbus - der schon kurz nach der Wende in Cottbus ankam - Lattigs Organisationstalent.

Lattigs Interesse hört nicht an der Bürotür auf. Neben den Dienststellen seiner "Abteilung" in Cottbus, Forst, Guben, Spremberg, Döbern und Peitz, engagiert er sich auch ehrenamtlich, wie etwa bei der Notfall-Seelsorge. "Es macht mir Spaß mitzumischen", gibt er zu. "Ich bin auch immer gerne Herausforderungen eingegangen." Unschwer ist das an seiner Arbeits-Biografie zu erkennen. Denn obwohl der gebürtige Görlitzer seit fast 35 Jahren, seit dem Ende seiner Ausbildung den selben "Posten" bekleidet, hat er sich doch immer bemüht, nicht auf der Stelle zu treten. Neben seiner Arbeit hat Lattig Fortbildungen zum Suchthelfer und als Super-Visor für soziale Einzelhilfe gemacht. In den 80er Jahren kam dann noch die Ausbildung zum Ehe-, Familien- und Lebensberater dazu.

Trotzdem schätzt er die Zeit vor 1989 als ein "eher ruhiges Fahrwasser" ein. Die Handlungsspielräume waren beschränkter als heute. Die Caritasarbeit in der Gemeinde stand damals mehr im Mittelpunkt. Erst mit der Wende kam dann die Revolution der sozialen Möglichkeiten. Seitdem bekommt er aus den Gemeinden gelegentlich den Vorwurf: "Ihr habt euch ja selbständig gemacht!" Doch Bernd Lattig ist anderer Meinung: "Caritas ist nach wie vor gelebter Glaube. Gottesdienst und Caritas sind eine Einheit. Ohne das eine würde dem anderen etwas fehlen."

Er sieht die Position des katholischen Wohlfahrtsverbandes an der Schnittstelle zwischen Kirche und Gesellschaft. Und verspricht sich davon eine Außenwirkung der Kirche. Zumal die Mehrzahl der Hilfesuchenden in Cottbus und im Spree-Neiße-Kreis keine Christen sind.

Deshalb mischt er sich zum Beispiel gerne in die Kommunalpolitik ein - im Sozialausschuss der Stadt, in Sonderausschüssen und Sprecher der Liga der Sozialverbände. Was er bedauert: "Als Sozialarbeiter arbeite ich ja sowieso in den Gremien mit. Aber wenn ich dort mal Pfarrer treffe, dann sind es immer evangelische, keine katholischen. Einerseits freut er sich, mit evangelischen Christen zusammenarbeiten zu können. Das hält Lattig für sehr effektiv. "So kann man die Kräfte konzentrieren." Andererseits würde er sich eben an der "Schnittstelle" auch von katholischen Pfarrern "Rückendeckung" wünschen

Probleme bringt Lattig offen zur Sprache. "Ich bin ein Mensch, der auch mal aneckt. Kein bequemer Mitarbeiter." Reue ist aus seinen Worten allerding nicht zu hören. Warum, erklärt er sofort: "Sonst bringt man ja nichts voran ..." Das allerdings macht er gerne: Etwas aufbauen, innovativ arbeiten, sich nicht gleich von Unmöglichkeiten erschlagen lassen. "Man muss aber auch abwägen", räumt er ein. Oft schafft Bernd Lattig, was er sich vorgenommen hat. Mit der Wiedereröffnung der Bahnhofsmission in Cottbus ist er jedoch nicht zum Zuge gekommen. "Das hat mich getroffen", gesteht er

Wenn Lattig auch als Mitarbeiter nicht ganz so bequem ist - als Vorgesetzter versucht er eine ganz andere Linie zu fahren. "Ich will den Chef nicht so rausgucken lassen. Ein gutes Arbeitsklima ist wichtig. Denn Freude an der Arbeit kommt letztlich beim Ratsuchenden an." Deshalb ist er für seine Mitarbeiter auch immer zu sprechen. "Dann komm' ich halt erst um sechs nach Hause." Seit der Wende engagiert er sich, das Mitspracherecht der Mitarbeiter voranzutreiben. Die letzten acht Jahre war er in der Arbeitsrechtlichen Komission des Deutschen Caritasverbandes, der Tarifkomission für 650 000 Caritas-Mitarbeiter in Deutschland tätig.

Neben der Arbeit in Gremien, der Verbindung zur Diözesancaritas, dem Überwachen der Finanzen und Haushaltspläne und der fachlichen Beratung seiner Mitarbeiter, füllt aber auch die Beratungsarbeit weiterhin Lattigs Terminkalender. Besonders liegt ihm die Eheberatung: "Das fordert heraus. Man muss sich sehr auf sein Gegenüber einstellen."

Ohne die Sozialarbeit würde ihm etwas fehlen. "Man kriegt's nicht mehr raus", lacht er. "Es ist wie eine Sucht." Manchmal, erzählt der dreifache Vater und zweifache Großvater, mache sich das "Helfersyndrom" auch im Privaten bemerkbar. Dann müsse seine Frau - selbst Ehe-, Familien- und Lebensberaterin - über ihn schmunzeln.

Juliane Schmidt

Dieser Beitrag wurde veröffentlicht in Ausgabe 5 des 50. Jahrgangs (im Jahr 2000).
Aufgenommen in die Online-Ausgabe: Sonntag, 30.01.2000

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