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Aus der Region

Von der Kultur des Sonntags

Diskussion um Ladenschluss

Magdeburg (mh) - "Gibt es überhaupt ein Problem?" Mit dieser Frage brachte es der Moderator, Pater Clemens Dölken, nach den beiden Referaten zum Thema "Von der Kultur des Sonntags" - auf dem Hintergrund der Diskussion um die Ladenöffnungszeiten - auf den Punkt, denn: Mit kleinen Unterschieden waren sich der stellvertretende Vorsitzende der CDU / CSU-Bundestagsfraktion Hermann Kues und die Geschäftsführerin der Magdeburger Industrie- und Handelskammer (IHK) Gisela Dyrna einig. Die Sonntagsruhe solle beibehalten werden, und zum Thema Lockerung der Ladenöffnungszeiten an den Werktagen, wie die Magdeburger IHK sie fordert, signalisierte Kues zumindest Gesprächsbereitsschaft

Auf der Veranstaltung in Magdeburg, die im Rahmen der Reihe "Die Zehn Gebote" stattfand - veranstaltet von den katholischen Akademien in Ostdeutschland - , unterstrich Hermann Kues die Bedeutung des Sonntages als eine der "letzten gemeinsamen Zeitzonen der Gesellschaft". "Was verlieren wir, wenn wir das aufgeben?" Durch Produzieren und Einkaufen werde der Mensch nie ans Ziel seiner Wünsche kommen, warnte Kues. Auch seien ihm die von der Wirtschaft angeführten Argumente zu dünn: "Wir dürfen die Dienstleistungsmentalität nicht über alles stellen."

IHK-Geschäftsführerin Gisela Dyrna forderte die Abschaffung des Ladenschlussgesetzes von 1956. "Der Unternehmer soll -entsprechend den Kundenwünschen - selbst entscheiden können, wann er öffnet." Was die Sonntagsruhe betreffe, habe sich die Vollversammlung der IHK aber für deren Beibehaltung ausgesprochen. "In einer Zeit der sozialen Kälte ist er als Tag der Besinnung, Kontaktpflege und Erholung notwendig." Frau Dyrna forderte aber ein konsequenteres Vorgehen des Gesetzgebers, damit nicht - wie im letzten Sommer vor allem in ostdeutschen Städten geschehen -Bürgermeister in einer Stadt die Geschäfte öffnen lassen und so die Händler in der Nachbarstadt im Konkurrenzkampf benachteiligten.

Ein Problem zeigte Gisela Dyrna dann aber doch noch auf: Die Gefahr geht von der Globalisierung aus. In einer immer mehr zusammenwachsenden Welt werden es einzelne Länder schwer haben, ihre Werte zu sichern. Amerikanische Handelsketten, von denen die ersten Niederlassungen inzwischen auch in Deutschland eröffnet worden sind, seien um ein Vielfaches größer als hiesige Handelsunternehmen und würden auf Grund ihrer finanziellen Stärke über Jahre im Verdrängungswettbewerb mitmischen können. Eine weitere Gefahr für eine Aufweichung der Sonntags sieht sie in den Möglichkeiten der modernen Kommunikation: Einkaufen im Internet oder telefonische Bestellungen über teilweise im Ausland tätige Call-Center deutscher Versandhäuser seien schon heute rund um die Uhr an sieben Tagen der Woche möglich.

Was dagegen setzen? "Wir müssen unsere Kultur pflegen", forderte Kues. Forderungen an den Staat nutzten nichts, wenn der Einzelne an die Stelle der Sonntagskultur die "Tennisplatzkultur" treten lasse. Eine besonders wichtige Rolle spielten dabei die Christen: Sie sollten nach Kues Worten, der auch Mitglied im Zentralkommitee der deutschen Katholiken (ZdK) ist, Sonn- und Feiertage entsprechend festlich begehen. "Sonst geben wir diese Tage auf!" Angesichts der Globalisierung sei es auch nötig zu überlegen, wie das Profil der europäischen Gesellschaft der Zukunft aussehen soll.

Im Anschluss an die Diskussion fand eine Neujahrsbegegnung der Katholischen Akademie Magdeburg und des katholischen und evangelischen Unternehmerverbandes mit den beiden Bischöfen Leo Nowak und Axel Noack statt.

Dieser Beitrag wurde veröffentlicht in Ausgabe 6 des 50. Jahrgangs (im Jahr 2000).
Aufgenommen in die Online-Ausgabe: Sonntag, 06.02.2000

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