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Auf zwei Minuten

Gott hat das Eis gebrochen

von Pater Damian

Pater Damian Meyer

Knospen im Eis des Winters. Ein verhaltenes, stilles Bild, aber ein Bild der Hoffnung: Knospen, die Leben in sich tragen, aus denen im Frühling mit Macht Blüten und später Früchte hervorbrechen werden. Noch sieht man keine grünen Blätter und bunten Blüten, aber das Eis beginnt schon zu schmelzen.

Für mich ist das ein Gleichnis des Weihnachtsgeheimnisses. Anders als auf Krippendarstellungen sieht man keine bewegte Szene, eher ein Stillleben. Das Geburtsfest Jesu Christi ist ein Fest des kleinen Anfangs und der leisen Töne, mehr der stillen Freude als des lauten Jubels. Gott hat durch die Menschwerdung seines Sohnes die Gemeinschaft, die communio zwischen sich und uns neu geschaffen, sich uns in Liebe erneut zugewandt. Er hat das Eis gebrochen, das die Sünde des Menschen hat entstehen lassen. Den entscheidenden Anfang hat er gemacht. Noch ist unsere und der Welt Erlösung nicht zur Vollendung gelangt.

Christus ist der Gegenwärtige, aber immer auch der Kommende. Ist unser Leben nicht immer auch Advent: Glaube, Erwartung, Geduld und Sehnsucht nach dem, was noch nicht greifbar ist? ,,Denn wir wissen, dass die gesamte Schöpfung bis zum heutigen Tag seufzt und in Geburtswehen liegt. Aber auch wir, obwohl wir als Erstlingsgabe den Geist haben, seufzen in unserem Herzen und warten darauf, dass wir mit der Erlösung unseres Leibes als seine Kinder offenbar werden. Denn wir sind gerettet, doch in der Hoffnung" (Röm 8, 22-24).

Knospen unter dem Eis. Eis bedeutet Kälte und Schmerz. Das Bild könnte uns daran erinnern: Die Geburt Christi steht im Schatten des Kreuzes. Das zeigen schon die Kindheitsgeschichten Jesu in den Evangelien.

Der evangelische Theologe und Dichter Jochen Klepper schreibt in den dunklen Tagen des Zweiten Weltkriegs: "Die Feier ward zu bunt und heiter. / mit der die Welt dein Fest begeht. / Mach uns doch für die Nacht bereiter, / in der dein Stern am Himmel steht. / Und über deiner Krippe schon / zeig uns dein Kreuz, du Menschensohn."

Pater Damian Meyer

Dieser Beitrag wurde veröffentlicht in Ausgabe 51 des 51. Jahrgangs (im Jahr 2001).
Aufgenommen in die Online-Ausgabe: Mittwoch, 19.12.2001

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