Ein Begriff geworden
Kolping- Bildungswerk Sachsen
Dahlen (mh) - Fakten, die für sich sprechen: 1400 hauptamtliche Mitarbeiter, 6500 Teilnehmer an Berufsbildungsmaßnahmen, 50 Standorte, größter freier Träger von Bildungsangeboten in Sachsen. Eine Erfolgsgeschichte, die vor zehn Jahren begann: Mitglieder der Dresdner Kolpingsfamilie entschlossen sich 1990 mit "Aufbauhilfe" aus den Bistümern Ausgburg und Würzburg zur Gründung eines Kolping-Bildungswerkes in Sachsen, das heute von den Kolping-Diözesanverbänden Dresden-Meißen, Görlitz und Berlin getragen wird.
Ein wichtiges Standbein des Kolping-Bildungswerkes Sachsen, das beispielsweise auch Mietwohnungen für Familien, eine Reisegesellschaft oder diverse Dienstleistungsunternehmen betreibt, sind die Bildungszentren. Eines davon befindet sich in Dahlen bei Oschatz. Am 5. November 1990 fiel hier mit der Eröffnung einer Übungsfirma zur Erwachsenenqualifikation der Startschuss. Die wirtschaftlichen Veränderungen im Zuge der deutschen Einheit und der Druck der Menschen, die in den letzten DDR-Monaten ihre Arbeit verloren hatten, waren der Grund, erinnert sich Geschäftsführer Udo Uebelgünn. Schnell kam ein weitere Aufgabe hinzu: "Konkurslehrlinge" - ihre Betriebe waren Pleite gegangen - konnten hier die Ausbildung fortzusetzen.
Mit Hilfe von Millionenbeträgen aus öffentlichen Fördermitteln und beträchtlichen Krediten ist in Dahlen und dem zugehörigen Standort Döbeln eine moderne Berufsausbildungseinrichtung entstanden. Jugendliche erhalten hier ihre berufliche Erstausbildung, sei es in der Holz- oder Metallverarbeitung, im Heizungs- oder Sanitärbereich, in Service- oder kaufmännischen Berufen ... Für lern- und sozial Benachteiligte gibt es eine Berufsvorbereitung. Alle Maßnahmen werden durch das Arbeitsamt finanziert
Zur Zeit betreuten 77 Mitarbeiter in Dahlen etwa 460 Jugendliche. Zahlen, die jährlich leicht schwanken, denn Uebelgünn muss sich jedes Mal neu für die vom Arbeitsamt ausgeschriebenen Ausbildungen bewerben. Aber inzwischen hat die Einrichtung - trotz anfänglicher Vorbehalte - einen Stand. "Kolping ist hier ein Begriff geworden", sagt Uebelgünn. "Der zeitige Einstieg und die hohen Investitionen haben uns einen Vorsprung gegenüber den Mitbewerbern und unsere Existenz gesichert."
Das ist die eine Seite, aber: Welche Chancen haben die jungen Leute später auf dem Arbeitsmarkt? "Aufgrund ihrer Herkunft und weil viele keinen qualifizierten Schulabschluss haben, werden sie oft schlechter dargestellt, als sie sind", sagt Uebelgünn. In Dahlen erhalten sie eine speziell auf sie zuschnittene Betreuung. Die Ausbildung wird sozialpädagogisch begleitet. Neben den Ausbildern gibt es deshalb Sozialpädagogen und Stützlehrer. Die Prüfung werden vor der Kammer abgelegt - mit Ergebnissen, die über dem Durchschnitt liegen: 88 Prozent haben im vorigen Jahr bestanden. Und erhalten dann auch einen Arbeitsplatz? Uebelgünn: "Arbeitsvermittlung ist nicht unsere Aufgabe." Und: "Wir haben keine Möglichkeit der Erfolgskontrolle." Trotzdem weiß er davon zu berichten und er ist überzeugt: "Ohne unsere Arbeit hätten die jungen Leute in der freien Wirtschaft überhaupt keine Chance."
Entscheidend dafür ist der Ansatz für die Arbeit mit den jungen Menschen, der aus dem Grundanliegen Adolf Kolpings kommt, sagt Uebelgünn. "Wir wollen Hilfe zur Selbsthilfe leisten. Jeder soll Bildung entsprechend seinen Anlagen erhalten." Ein Anliegen, dass seine Mitarbeiter teilen, obwohl drei Viertel von ihnen keiner Kirche angehört. Auch das habe anfangs zu Irritationen geführt, gesteht Uebelgünn, doch: "Wir sind zwar eine Einrichtung mit einer klaren kirchlichen Orientierung, aber keine kirchliche Einrichtung. Unser Auftraggeber ist das Arbeitsamt. Und die stellen knallharte Bedingungen an die Qualifikation der Mitarbeiter. Kirchenzugehörigkeit spielt dabei keine Rolle. Aber", fügt Uebelgünn hinzu: "Von meinen Mitarbeitern haben zwar die wenigsten einen Taufschein. Wenn es aber um das Engagement geht, habe ich hier sehr viele Christen."
Siehe auch: Kolpingwerk
Aufgenommen in die Online-Ausgabe: Sonntag, 06.02.2000