Kirche mit schwierigem Erbe
Tschechien-Besuch
Prag / Erfurt (tdh) - Eine Gruppe von Priestern unter Leitung von Ordinariatsrat Gerhard Stöber hat im Januar die Tschechische Republik besucht. Die Seelsorger, unter denen auch Bischof Joachim Wanke war, informierten sich im Rahmen der Priesterwerkwochen über die kirchliche Situation in dem Nachbarland. Auf dem Programm standen Begegnungen mit dem Prager Erzbischof Miloslav Kardinal Vlk, mit Weihbischof Maly, mit dem Rektor des Prager Priesterseminars, Slavik, mit Mitarbeitern des Pastoralzentrums und mit Gemeindemitgliedern. Kontakte gab es auch mit Parlamentsabgeordneten und mit Vertretern der Ackermanngemeinde, die sich um die Aussöhung zwischen Tschechen und Deutschen müht.
"Bei unserem Aufenthalt haben wir eine lebendige Kirche ähnlich einer Baustelle erlebt, die vor vielen Herausforderungen steht", beschreibt der Arnstädter Dechant Wolfgang Teichert seinen Eindruck. Wie im Osten Deutschlands gehören im böhmischen Teil Tschechiens nur eine Minderheit der Menschen einer Kirche an (1992 nach eigenen Angaben 37 Prozent der Bevölkerung). Dennoch bestünde durchaus ein religiöses Interesse. Täglich gebe es zirka 500 Anfragen auf der Internetseite des Pastoralzentrums (www. vira.cz), berichteten Mitarbeiter.
Belastend für die katholische Kirche in Tschechien sei das geschichtliche Erbe, so Teichert. Heute müssten etwa hinsichtlich karitativer Werke wieder mühsam aufgebaut werden, die von den Kommunisten zerschlagen wurden. Viele der tschechischen Gesprächspartner hätten sich dankbar für die Hilfen gezeigt, die vor 1989 von der Kirche in der DDR gegeben wurden - etwa auch Bücher des St. Benno-Verlages - so Teichert. Allein 20 tschechische Priester sind unter Bischof Hugo Aufderbeck geheim in Erfurt geweiht worden, um in der damaligen CSSR anonym als Seelsorger zu wirken. Ein anderes schwieriges Erbe sei das negative Vorurteil der Bevölkerung gegenüber der katholischen Kirche seit der Habsburger Zeit, als die Kirche mächtig, aber auch von den Herrschenden abhängig war. Heute sei die Kirche zwar frei, aber noch immer finanziell vom Staat abhängig, da ihr eigene Einnahmemöglichkeiten fehlten.
Nicht zuletzt weil die wenigen Seelsorger zu kommunistischen Zeiten "Alleinunterhalter" in den Gemeinden gewesen seien, stec-ke der Dienst der Laien noch in den Kinderschuhen, berichtet Teichert. Mit Bedauern stelle die Kirchenleitung auch fest, dass in den Randgebieten wie dem Sudetenland praktisch kein kirchliches Leben mehr existiert. Lebendige Gemeinden seien in den Städten zu finden.
Aufgenommen in die Online-Ausgabe: Sonntag, 13.02.2000