Jetzt 4 Wochen kostenfrei Tag des Herrn lesen!
Bistum Görlitz

Vom Schneidersohn zum Diplomaten

Erzbischof Zur

Erzbischof Zur (Mitte) in Görlitz Görlitz / Vatikan - Er war schon Botschafter des Papstes in Sambia und Malawi, in Paraguay, zuletzt in Nepal und Indien - Erzbischof Georg Zur. Seine Wurzeln allerdings liegen ganz in der Nähe: in Görlitz.

Hier wurde Zur am 15. Februar 1930 - vor fast genau 70 Jahren also - als Sohn eines Schneidermeisters geboren. Hier, in seiner Heimatstadt besuchte er die Schule bis zum Abitur und entschloss sich, danach Philosophie und Theologie zu studieren. Sein damaliger Bischof, Kapitelsvikar Dr. Ferdinand Piontek schickte ihn dazu nach Bamberg, wo er nach Abschluss des Studiums 1955 zum Priester geweiht wurde.

Nach kurzer Zeit als Seelsorger im Bistum Bamberg wurde ihm ein weiterführendes Studium an einer der päpstlichen Universitäten, dem von Jesuiten geleiteten Germanikum in Rom, ermöglicht. Man war auf seine hohe Begabung aufmerksam geworden. In Rom promovierte Zur. Doch mit dem Studieren war er noch immer nicht fertig. Die Römische Diplomatenakademie des Vatikans rief.

Schließlich trat er 1962 in den diplomatischen Dienst des Vatikans. In den folgenden Jahren bis zu seiner Bischofsweihe 1979 war er unter anderem als Nuntiaturrat im Staatssekretariat im Vatikan tätig. Diese Tätigkeit führte ihn Anfang der 70er Jahre zusammen mit dem damaligen Kardinalstaatssekretär Casaroli in die Nähe seiner Heimat - nach Ost-Berlin. Damals standen kirchenpolitische Verhandlungen mit führenden Kräften der staatlichen DDR-Behörden an.

Doch nicht nur dienstlich, auch privat kam er während all der Jahre immer wieder gerne in seine Heimatstadt Görlitz. Hier besuchte er seine Eltern, späterhin deren Grab. Auch bei Bischof Bernhard Huhn und Bischof Rudolf Müller war er gerne zu Gast. Letztmalig war Erzbischof Zur, den seine herzliche Liebenswürdigkeit und persönlich Bescheidenheit auszeichnen, 1995 in Görlitz. Damals besuchte er auch die indischen Ordensschwestern aus Kerala, die im Caritasheim in Mengelsdorf und im St.-Otto-Stift in Görlitz tätig sind. Zu dieser Zeit war er in deren Heimatland als Nuntius tätig.

Seit Dezember 1998 leitet Erzbischof Zur die Römische Diplomatenakademie des Vatikans, an der er einst selbst studiert hatte. Dort werden die künftigen Nuntien und Mitarbeiter der Nuntiaturen auf ihren Dienst in der Weltkirche vorbereitet. Denn schließlich gilt er als einer der erfahrensten Diplomaten im Vatikan.

Zu erkennen ist diese Tatsache auch daran: Vor wenigen Tagen wurde Erzbischof Zur von Papst Johannes Paul II. zum neuen Nuntius in Moskau ernannt. Mit diesem neuen Amt übernimmt er die Leitung einer der wichtigsten und zugleich schwierigsten diplomatischen Vertretungen des Heiligen Stuhls. Wegen der Minderheitensituation der katholischen Kirche in Russland und dem besonderen Verhältnis zur russisch-orthodoxen Kirche gelten die Beziehungen der russischen Föderation zum Vatikan bis heute als besonders diffizil. Zwischen Moskau und dem Vatikan wurden bereits in der Schlussphase der Sowjetunion "Arbeitskontakte" aufgenommen, die später in besondere diplomatische Beziehungen umgewandelt wurden.

Prälat Bernd Richter

Dieser Beitrag wurde veröffentlicht in Ausgabe 7 des 50. Jahrgangs (im Jahr 2000).
Aufgenommen in die Online-Ausgabe: Sonntag, 13.02.2000

Aktuelle Empfehlung

Der TAG DES HERRN als E-Paper - Jetzt entdecken!

Aktuelle Buchtipps