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Aus der Region

Pausbäckig, rote Wangen und selbstbewusster Blick

Bornkinnel

Bornkinnel von Schloss Burk bei SchleizWerdau - Darstellungen des Jesuskindes mit erhobener Hand und Zepter - kurz Bornkinnel genannt - sind eine besondere Form der Spiritualität des Erzgebirges und des Vogtlandes. Jedes Jahr stehen sie vom Heiligen Abend bis zum Dreikönigstag auf den Altären evangelischer Gemeinden. In der Region, in der viele Menschen unter Tage arbeiteten, hat das Bornkinnel als Bringer des Lichtes in eine finstere Welt schnell viele Freunde gefunden.

Jetzt in den Tagen nach der Weihnachtszeit haben sich die Kirchgemeinden und private Besitzer von ihren Bornkinnel getrennt und es in die Ausstellung des Stadt- und Dampfmaschinen-Museums Werdau gegeben. Dort sind sie noch bis zum 29. März diesen Jahres alle vereint, viele im Original, andere auf Fotos. Der Inbegriff eines Bornkinnels ist für den Theologen Kay Lohse, Lehrer und evangelischer Schulseelsorger am Peter-Breuer-Gymnasium Zwickau - die Figur aus Bärenwalde. Das Jesuskind ist pausbäckig dargestellt, die Wangen sind liebevoll gerötet und der Blick geht bestimmt selbstbewusst in diese Welt: Weihnachten, die Ankunft Jesu Christi, ihr Herrscher eben.

Woher kommt aber der Name Bornkinnel? Das Obersächsische Wörterbuch von 1998 sieht in diesem Namen die Entsprechung für "neugeborenes" Jesuskind. Doch gibt es durchaus noch andere Varianten, beispielsweise steht das Wort Born im Vogtländischen für Brunnen, es würde sich daher also um ein Brunnenkind handeln. Es könnte aber auch Krippenkind bedeuten, born aus dem mittelhochdeutschen barn (Krippe). Jedoch wird erstere Form im Katalog zur Ausstellung von Frank Reinhold favorisiert.

Von Kay Lohse stammen das Kapitel, das sich mit der religionsgeschichtlichen Seite befasst. Er schreibt: "Das Bornkinnel ist weitaus mehr als nur ein das Weihnachtsfest schmückendes Beiwerk." Dabei stellt er allerdings auch klar, dass es vielen noch immer ein Dorn im Auge ist. Die Wurzeln dafür liegen in der mit der Reformation veränderten Haltung der evangelischen Kirche zur Bilderverehrung. Dennoch, der Brauch des Bornkinnels setzte ungefähr genau zur Reformationszeit ein. Frühere Belege, so Kay Lohse, sind kaum überliefert. Die Gegner sahen in den kleinen Figuren hinübergerettete katholische Fragmente. Und gerade Theologen aus dem eher nüchtern geprägten Leipziger Gebiet hatten nach ihrer Versetzung ins Erzbegirge mit den kleinen Kerlen so ihr Problem. Alle Vorbehalte konnten sich nie so recht durchsetzten, bis heute gehört in vielen evangelischen Gemeinden das Bornkinnel einfach zur Weihnacht dazu. Im Erzgebirge wie im Vogtland halten die Menschen an ihren Traditionen fest. Dieses Festhalten liegt besonders auch an der rauen Alltagswirklichkeit im Gebirge. Kay Lohse stellt fest: "Man kümmert sich nicht um Weltpolitik und Theologie, sondern um Haus und Hof, das Leben ist hart, aber auch schön und man ist zufrieden mit dem, was man hat ... Schlaue Reden überlässt man den anderen: Dem Bürgermeister, dem Pfarrer, vielleicht noch dem Herrn Apotheker ... und dem Schulllehrer. Aber in der Familie und in der Gemeinschaft derer, die sich zusammengehörig fühlen, lebt man sein ganz eigenes Leben, hat man eine Religiösität, die vor allem vom Umfeld beeinflusst ist und nicht von der Theologie gelehrter Männer." Auf diesem Hintergrund sind die Bornkinnel auch als ein Zeichen gelebten Glaubens verständlich. Die derzeit in Werdau gezeigte Ausstellung geht auf Initiative von Günter Hummel zurück. Er beantwortet die "Kritik" mit den Worten des Franzosen Antoine de Saint-Exupéry: "Man sieht nur mit dem Herzen gut. Das Eigentliche ist für die Augen unsichtbar."

Holger Jakobi

Öffnungszeiten: Montag, Mittwoch, Donnerstag von 9 bis 16 Uhr, Dienstag von 9 bis 17 Uhr, Samstag von 13 bis 17 Uhr, Sonntag von 10 bis 16 Uhr, Freitag ist geschlossen.

Dieser Beitrag wurde veröffentlicht in Ausgabe 8 des 50. Jahrgangs (im Jahr 2000).
Aufgenommen in die Online-Ausgabe: Sonntag, 20.02.2000

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