Bistum Erfurt
Die Familie bleibt das Leitbild
Interview mit dem Landesgeschäftsführer des Familienbundes der Deutschen Katholiken

Dr. Kurt Herzberg
Weihnachten ist das Fest der Familie - viele Zeitgenossen erinnern sich besonders an diesem Tag daran. Die Wirklichkeit für die Familien sieht im Alltag oft weniger rosig aus. Wer sich das ganze Jahr über um die Belange der Familien kümmert, ist der Familienbund der Deutschen Katholiken. Dessen Landesgeschäftsführer in Thüringen, Dr. Kurt Herzberg, fordert eine stärkeres Mitspracherecht der Familien. Die Familie bleibe nach wie vor das Leitbild des Zusammenlebens in der Gesellschaft. Der Tag des Herrn sprach mit ihm.
Gleichgeschlechtliche Partnerschaften, sinkende Geburtenzahlen, zunehmende Ehescheidungen. Hat sich das Konzept der traditionellen Familie in Deutschland überholt?
Ein Kennzeichen der modernen Gesellschaft ist es, dass sich die Lebensformen differenzieren. Das geht natürlich an den Familien nicht spurlos vorbei. Die öffentliche Meinung verstärkt dieses Bild. Richtig ist aber ebenso, dass zum Bespiel heute in Deutschland 80 Prozent der Kinder bei ihren verheirateten Eltern aufwachsen. Die Familie ist also keineswegs überholt, im Gegenteil. Gerade im Hinblick auf die aktuellen gesellschaftlichen Probleme -Stichworte Gewalt und Fremdenfeindlichkeit -hat die Familie eher an Bedeutung zugenommen.
Welche Rolle spielt dann die Familie in der Gesellschaft von heute wirklich?
Für uns als Familienverband ist es in dieser Diskussion zunächst wichtig zu sagen, dass andere Lebensformen, wie zum Beispiel gleichgeschlechtliche Partnerschaften, nicht diskriminierend behandelt werden dürfen. Jeder hat selbstverständlich das Recht seine Lebensform so zu wählen, wie er es für richtig hält. Der entscheidende Unterschied besteht jedoch darin, dass sich die Verfassungsväter im Artikel 6 des Grundgesetzes darauf verständigt haben, dass die auf der Ehe gegründete Familie das Leitbild des Zusammenlebens ist. Uns als Familienverband geht es genau darum, dies deutlich zu machen. Nicht weil es altmodisch oder überholt ist, sondern weil es für die Gesellschaft im wahrsten Sinne des Wortes überlebenswichtig ist.
Welche Aufgaben haben die Familienverbände, wenn es um die Stärkung der Familien geht?
Familienverbände verstehen sich zunächst ganz positiv gesehen als Lobbyisten der Familien, das heißt als Interessenvertreter in der aktuellen familienpolitischen Diskussion. Oftmals geht es darum, die Auswirkungen von politischen Vorhaben aus der Sicht von Familien aufzuzeigen, Missstände zu benennen oder Gerechtigkeit für Familien anzumahnen. Leider musste in den letzten Jahren zu oft das Bundesverfassungsgericht, gewissermaßen als letzte Instanz, die Rechte der Familien in der Gesellschaft in Erinnerung rufen. Wichtig ist aber ebenso, dass die Kompetenzen, die die Familien selbst haben und die Leistungen, die sie erbringen, wirklich ernst genommen werden.
Der Familienbund der Deutschen Katholiken fordert ein so genanntes Familiengeld. Was ist darunter zu verstehen?
Mit der Forderung nach der Einführung eines Familiengeldes wollen wir zu allererst eine ausreichende finanzielle Absicherung der Kosten für die Kinder in den ersten drei Lebensjahren -hier ist konkret an einen Betrag ab 1000 Mark gedacht. Dieser Betrag ersetzt Kinder- und Erziehungsgeld und garantiert, dass Kinder nicht mehr in die Sozialhilfe fallen und dass die Geburt eines Kindes nicht zur Armutsfalle wird. Für die Zeit ab dem dritten Lebensjahr wird ein gestuftes Familiengeld zwischen 300 bis 600 Mark, je nach Alter des Kindes, gefordert. Finanziert werden könnte das Modell zum einen durch Einsparungen beim Kinder- und Erziehungsgeld wie auch bei der Sozialhilfe, weil durch das Familiengeld Kinder nicht mehr Sozialhilfeempfänger sind. Natürlich braucht es zusätzlich eine echte Familienförderung. Hier darf man auf den Mut und die Fantasie der politisch Verantwortlichen gespannt sein. Die Situation der Familien insgesamt muss nachhaltig verbessert werden.
Interview: Andreas Schuppert
Dieser Beitrag wurde veröffentlicht in Ausgabe 51 des 51. Jahrgangs (im Jahr 2001).
Aufgenommen in die Online-Ausgabe: Donnerstag, 20.12.2001
Aufgenommen in die Online-Ausgabe: Donnerstag, 20.12.2001