Soziale Kontakte werden erhalten
Psychiatrische Tagesklinik im Krankenhaus St. Nepomuk eingeweiht

Bischof Wanke bei der Einweihung
Erfurt (as) -Niedergeschlagen, antriebslos, traurig -jeder vierte Deutsche leidet unter Depressionen. Bei vielen bleiben sie unerkannt. In der neuen psychiatrischen Tagesklinik am Krankenhaus St. Johann Nepomuk in Erfurt können solche Krankheiten gezielt behandelt werden, ohne dass der Patient sein gewohntes Umfeld zu verlassen braucht. "Die Tagesklinik gibt dem Patienten eine feste Struktur. Sie ermöglicht ihm, seine soziale Kontakte aufrechtzuerhalten", sagt die Fachärztin für Neurologie und Psychiatrie, Annekathrin Faour. Sie gehört zu dem "multiprofessionellen" Beraterteam aus Psychiatern, Psychologen, Ergotherapeuten, Krankenschwestern und -pflegern sowie Sozialarbeitern, die hier seit dem 1. November psychisch Kranke betreuen. Am 13. Dezember wurde die Einrichtung durch Bischof Joachim Wanke offiziell eingeweiht. "Zurzeit werden sieben Patienten betreut", sagt Frau Faour. Spätesten mit der Einweihung des Krankenhaus-Neubaus im Jahre 2003 würden die Kapazitäten auf 15 erweitert.
In der neuen Tagesklinik werden Menschen mit psychischen Erkrankungen wohnortnah behandelt. "Die Klinik ist eine Schnittstelle zwischen der ambulanten und der stationären Behandlung", erklärt Annekathrin Faour das Konzept. In einem Aufnahmegespräch mit dem Patienten werde geprüft, ob die Behandlung für den Betroffenen geeignet sei. Der Patient könne sich die Räumlichkeiten ansehen und sich mit ihnen vertraut machen. Allerdings gebe es auch Diagnosen, so Frau Faour, die einen Aufenthalt in der Tagesklinik ausschließen. Das seien zum Beispiel akute Fälle von Schizophrenie, schwere Suchterkrankungen oder auch Patienten, mit denen man keine Absprachen treffen kann. Wichtig sei im Letzten, dass die Patienten ihr Leben wieder selbst bewältigen können -dazu gebe es die verschiedensten Therapiemöglichkeiten. Die Patienten müssen nicht nur lernen, im Alltag klarzukommen, sondern auch, ihr Leben sinnvoll zu gestalten. Zur Lösung von sozialen Problemen werden sie beraten und begleitet -Freizeitangebote in und rund um Erfurt gehören ebenso zum Therapieprogramm wie Besuche von kulturellen Veranstaltungen, Ausflüge in die Umgebung, Fitness- und Sporteinrichtungen.
Diese Form der teilstationären Behandlung wurde erstmals in den sechziger Jahren in Deutschland eingerichtet und hat sich in den vergangenen Jahrzehnten bewährt. Nach Angaben des katholischen Krankenhauses in Erfurt steht ein solches Angebot in Thüringen bisher kaum zur Verfügung. Im kirchlichen Raum gebe es lediglich noch eine psychiatrische Tagesklinik am christlichen Krankenhaus in Eisenach. "Keine Behandlungsform wird so sehr an der Wirklichkeit geprüft", sagt der Leiter der Einrichtung, Stefan Dammers. Auch gebe es dazu, so der Chefarzt, in Deutschland keine Alternativen. Der spirituelle Aspekt in der Therapie dürfe ebenfalls nicht zu kurz kommen. Psychisch kranke Menschen dürften nicht ausgegrenzt werden, so Bischof Joachim Wanke in einer kurzen Ansprache. Nicht alle Probleme könne man heute mit Dienstleistungen lösen. Es gehe vor allem darum, Menschen zu helfen und ihnen "Luft zum Atmen" zu geben. Im Angesicht des anderen könne man die Güte und Menschenfreundlichkeit Gottes erkennen.
Aufgenommen in die Online-Ausgabe: Donnerstag, 20.12.2001