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Bistum Magdeburg

Mitten im Leben dem unsichtbaren Gott begegnen

Hirtenwort für Magdeburg

Bischof NowakIm Evangelium des ersten Fastensonntags wird es klar und deutlich gesagt: Jesus wird versucht. Er ist der lebensfeindlichen Macht des Bösen ausgesetzt. In der Wüste erfährt der Menschensohn, wie allein er ist. Gott scheint nicht da zu sein. Trugbilder und falsche Versprechen gefährden seine Sendung. Jesus konnte widerstehen. Seine innige Beziehung zum Vater gab ihm die Kraft dafür. Mit seinem ganzen Leben verkündet er nunmehr die neue Wirklichkeit Gottes: "Die Zeit ist erfüllt und das Reich Gottes ist nahe. Bekehrt euch und glaubt an das Evangelium". ( Mk 1,12-15)

Versuchungen - gibt es sie auch in unserem Leben? Was ist "Versuchung"? Die Bibel spricht vom "Versucht werden" des Menschen. "Und führe uns nicht in Versuchung!", hat Jesus selbst uns beten gelehrt. Und - Versuchung verwirrt. Fragen tauchen auf und viele falsche Antworten scheinen wahr zu sein. Wer von uns kennt diese Fragen in seinem Inneren nicht? Das, was vorher sonnenklar war, erscheint unscharf und plötzlich ist nichts mehr sicher. Doch wir wissen auch: Wer eine Prüfung gut übersteht, fühlt sich gestärkt und bestätigt. Das gilt auch für unseren Glauben. "Eine ungeprüfte und noch nicht erprobte Tugend ist keine Tugend", so hat der Kirchenlehrer Origenes (^253/254) diese Erfahrung formuliert. Auch unser Glaube ist solchen Versuchungen ausgesetzt. Die Beispiele von Menschen wie Abraham oder auch Ijob erzählen uns davon. Wird nicht gerade heute unser Glaube "auf Herz und Nieren" geprüft? Warum sollte es uns anders gehen als unserem Herrn? (...)

Die große Versuchung: der scheinbar abwesende Gott. Gott ist unsichtbar - welch eine Versuchung! Das irritiert. Es ist die Not unseres Glaubens, dass wir Gottes Wirklichkeit nicht einfach vorzeigen können.

Gott bleibt verborgen, er schweigt sich aus. In einer durch Fernsehen und Computer visuell geprägten Welt sind wir auf das Sehen programmiert. Alles, was sich dem Sehen entzieht, erscheint unverständlich, wenn nicht sogar unwirklich und unredlich. Gott kommt im normalen Leben vieler Menschen nicht mehr vor. Der Glaube an Gott ist in unserer Gesellschaft schon längst nicht mehr selbstverständlich. Halten wir das aus? Ich bin betroffen, wenn mir jemand sagt: "Herr Bischof, Sie wissen ja gar nicht, was ich mir jeden Tag anhören muss, wenn das Gespräch auf Glauben und Kirche kommt!" Ich denke an unsere Kinder, die als Minderheit heranwachsen. Ich denke an die Eltern, die sich fragen, ob dieser Glaube nicht eine zu große Zumutung sei. Ich denke an alle, denen es eine Last ist, wegen ihres Glaubens stets und ständig angefragt zu sein. Und ich denke auch an alle, die durch harte "Schicksalsschläge" an dem Dasein eines menschenfreundlichen Gottes zweifeln. Sind wir, die Christen, dann nicht auch versucht, Gott nicht mehr so ernst zu nehmen? (...)

Liebe Schwestern und Brüder, Jesus Christus will uns ermutigen, die Versuchungen unseres Lebens zu bestehen. Er hat uns Gott nahe gebracht, so wie sonst niemand. Er zeigt uns den Weg: "Liebet einander!"

Wo Menschen sich danach sehnen, wo unsere Gemeinden wach sind im Feiern und Danken dieser guten Tat Gottes,wo wir trotz unserer eigenen Schwachheit immer wieder mit dieser Liebe anfangen, dort beginnt neues Leben, dort findet Ostern statt.

Bischof Leo Nowak

Dieser Beitrag wurde veröffentlicht in Ausgabe 11 des 50. Jahrgangs (im Jahr 2000).
Aufgenommen in die Online-Ausgabe: Sonntag, 12.03.2000

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