Auf Tempel errichtet
Unterwegs in Rom
Vom Pantheon, dem antiken Tempel im Herzen Roms, sind es nur ein paar Schritte zu diesem sehenswerten Gotteshaus. Warum der Name ,,sopra Minverva"? Weil man die Kirche über den Ruinen eines Minerva-Tempels erbaut hat. Im Lauf der Zeit wurde sie oft res-tauriert und zum Teil umgestaltet, dennoch blieb ihr ,,Ur-Charakter" erhalten: Santa Maria "über Minerva" ist mit ihrer dreischiffigen Anlage und dem Kreuzrippengewölbe der einzige größere gotische Sakralbau der Ewigen Stadt.
Seit je ist diese Kirche dem Dominikanerorden anvertraut. Gleich nebenan lag das Generalat, die Ordenszentrale, die im frühen 17. Jahrhundert auch Sitz der berüchtigten Inquisitionsbehörde war. (Insofern mag so mancher Pilger beim Kirchenbesuch an die schlimmen Ketzerprozesse denken, für die der Papst nun um Vergebung bittet.) Viele Grabmäler belegen die wichtige Rolle von Santa Maria sopra Minerva im religiösen Leben Roms. Hinzu kommen eindrucksvolle Kunstwerke.
Unter dem Hauptaltar ruhen die sterblichen Überreste der heiligen Katharina von Siena, die 1380 starb. Sie hatte in vielen Briefen die im französischen Exil residierenden Päps-te aufgefordert, schnell nach Rom zurückzukehren. Vor dem Altar kann man eine Christusstatue von Michelangelo bewundern. Da sie - was Kritiker anmerkten - allerdings eher an einen antiken Helden als an den auferstandenen Gottessohn erinnert, heißt die Marmorskulptur auch ,,Christus als Herkules".
In der Apsis befinden sich die Grabmäler zweier Päpste aus dem 16. Jahrhundert. Und im linken Querschiff wurde in den Fußboden eine Grabplatte für den bedeutenden Maler Fra Angelico eingelassen, der (als Domenikanermönch) in dem angrenzenden Kloster 1455 starb. Hinüber nach rechts: Im dortigen Querschiff liegt die bekannteste Grabkapelle der Kirche, die der Adelsfamilie Carafa. Sie hat hohen künstlerischen Rang wegen der am Ende des 15. Jahrhunderts entstandenen Fresken von Filippo Lippi. Die Gemälde verherrlichen einerseits die Madonna und rühmen andererseits den heiligen Thomas von Aquin (auch er ein Dominikaner). An der linken Kapellenwand das Grabmal des Carafa-Papstes Paul IV. aus der Gegenreformation.
Im Vergleich zu so vielen frommen und ernst stimmenden Monumenten wirkt der Platz vor der Kirche sehr freundlich, fast heiter. Denn charakterisiert wird er durch eine merkwürdige Skulptur: Ein Elefant aus Marmor, ein Werk von Bernini, dient als Basis für einen kleinen ägyptischen Obelisken. Eine Inschrift erklärt den Sinngehalt: Um die Weisheit zu tragen, bedarf es wahrlich großer Kraft. Bernhard Hülsebusch
Aufgenommen in die Online-Ausgabe: Sonntag, 12.03.2000