Das Gerücht von Gott wachhalten

Eine Umfrage in der Fußgängerzone einer mitteldeutschen Großstadt: "Was halten Sie von den christlichen Kirchen?" Häufige Antworten sind: "Weiß nicht, habe keinen Kontakt damit", "Damit habe ich nichts am Hut", "Muss es wohl auch geben, aber ich brauche sie nicht", "Die sollten mehr für die Armen und Obdachlosen tun" oder "Na, wenn man die skandalöse Geschichte der Kirche kennt, nein danke!" Und nach einer Umfrage der Leipziger Volkszeitung vom 9. März hat nur knapp ein Drittel der ostdeutschen Bevölkerung Vertrauen zu den Kirchen.

Das Thema "Kirche" ist ein Dauerbrenner in den Medien. Kirche steht im Brennpunkt der Kritik, von berufener und unberufener Seite. Manche sagen, sie sei zu verweltlicht, andere, sie sei zu weltfremd. Man hat hohe Erwartungen und Anforderungen an sie: "Die Kirche müsste doch, sollte doch endlich..." Ja, was sollte und müsste sie tun? Was ist eigentlich die Grundberufung der Kirche? Dass die Kirche sich um Arme, Kranke und Behinderte kümmert, wird auch von kirchenfernen Zeitgenossen lobend anerkannt. Was aber ist ihre wichtigs-te Aufgabe?

Ein Wort aus dem Alten Testament, um das Jahr 520 v. Chr. von einem Propheten geschrieben, kann uns weiterhelfen. Es ist ein Wort der Hoffnung: "In jenen Tagen werden zehn Männer aus Völkern aller Sprachen einen Mann aus Juda am Gewand fassen, ihn festhalten und sagen: Wir wollen mit euch gehen denn wir haben gehört: Gott ist mit euch" (Sach 8,23). Menschen sind hinter Gott her, suchen ihn, und sie haben gehört: Er ist bei den Juden zu finden, mit ihnen auf dem Weg. Auch heute sind nicht wenige Menschen auf der Suche nach Gott. Und die Kirchen? Auch von ihnen, ihren Mitgliedern, den Christen, sollte man sagen können: "Gott ist mit euch. Bei euch können wir Gott finden, Antwort auf unsere Fragen, Hilfe in unserer Not. Bei euch fühlen wir uns verstanden und angenommen, geborgen." Der Wiener Soziologe und Theologe Paul Zulehner drückt die Hauptaufgabe der Kirche in einer kurzen Formel aus: "Das Gerücht von Gott wachhalten."

Pater Damian Meyer