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Bistum Görlitz

Von Arbeitslosigkeit bis Zivildienst

Don-Bosco-Haus Neuhausen

Podiumsdiskussion mit PolitikernNeuhausen (mh) - Die schwarzen Kassen der CDU oder die Flugaffäre der nordrhein-westfälischen SPD spielten keine Rolle. Dafür standen auf der Tafel viele andere politische Themen: Arbeitslosigkeit und Osterweiterung der Europäischen Union, innere Wiedervereinigung und Rüstungsexporte, Rente und Bundeswehr. Rund zwei Dutzend junge Leute zwischen 16 und 20 Jahren waren in das Don-Bosco-Haus nach Neuhausen zu einem Kurs gekommen, überschrieben mit dem Thema "Im Gespräch mit Politikern". Eingeladen waren dazu Abgeordnete der im Bundestag vertretenen Parteien. Und gekommen waren Sylvia Voss (Bündnis 90 / Die Grünen), Jürgen Türk (FDP), Werner Labsch (SPD) und Monika Balt (PDS). Der CDU-Vertreter war kurzfristig erkrankt.

Anliegen des Wochenendes war es, politisches Wissen zu vermitteln, Einblicke in das Alltagsleben eines Politikers zu geben und jungen Leuten eine Möglichkeit zu bieten, mit politisch Verantwortlichen über ihre Ansichten ins Gespräch zu kommen. Ein Vorhaben, das geglückt scheint. Denn am Ende waren sich die jugendlichen Teilnehmer einig, dass sie jetzt einen besseren politischen Durchblick hätten, manche Zusammenhänge verstehen und ihnen auch etwas davon deutlich geworden ist, worin die Parteien sich unterscheiden, sagt der pädagogische Leiter des Don-Bosco-Hauses, Johannes Schatz.

Auch die Politiker dankten für die Möglichkeit dieses Gespräches und versprachen einiges für ihre politische Arbeit mitzunehmen. Jürgen Türk, für die FDP im Bundestag: "Veranstaltungen wie diese wünsche ich mir öfter. Sie helfen, etwas von den vielen Missverständnissen auf beiden Seiten abzubauen."

Höhepunkt des Wochenendes war die Podiumsdiskussion der Jugendlichen mit zwei Politikern. Neben Türk nahm daran Sylvia Voss (Bundestagsabgeordnete für die Grünen) teil. In Arbeitsgruppen waren Fragen ausgearbeitet worden, die die Kursteilnehmer hier loswerden konnten: Sollen Sozialhilfeempfänger anteilig für ihr Geld arbeiten? Wie sicher ist die Demokratie? Werden rechtsextreme Vorfälle in Brandenburg verharmlost? Oder: Was haben Sie konkret für die innerer Wiedervereinigung getan? Ganz nebenbei wurden auch einige Begriffe geklärt, die im politischen Gespräch eine große Rolle spielen und selbstverständlich benutzt werden, von denen viele aber gar nicht wissen, was sie meinen. Was ist zum Beispiel der Unterschied zwischen dem ersten und zweiten Arbeitsmarkt?

Besonders heftig wurde die Diskussion dann, wenn die Fragen die jungen Leute selbst betrafen, etwa als es um Bundeswehr und Wehrpflicht ging oder um die Bildungspolitik: So war die Möglichkeit der Abwahl bestimmter Unterrichtsfächer vor dem Abitur nicht nur zwischen Politikern und Kursteilnehmern umstritten, sondern unter den Jugendlichen selbst. Wer wisse schon, was er später im Beruf wirklich brauche, und man müsse auch mal etwas tun, was einem keinen Spaß mache, waren die Argumente auf der einen Seite. Auf der anderen standen der Hinweis auf die ohnehin schon hohen Leistungsanforderungen und die Angst, im Abitur nicht so gut abzuschneiden, weil man auch in Fächern geprüft werde, die man nicht so gut beherrsche.

Die Diskussion zeigte auch, dass über Parteigrenzen hinweg in manchen Fragen Einigkeit besteht, etwa als es um die Einführung von Volksabstimmungen auf Bundesebene ging. "Und warum gibt es das dann noch nicht?" Sylvia Voss antwortete mit dem Hinweise auf "politische Rituale, die wir leider noch nicht abgelegt haben: Wenn eine Partei einen Antrag einbringt, lehnt die andere ihn erst einmal automatisch ab."

Die beiden Abgeordneten nutzten ihrerseits die Gelegenheit, die Jugendlichen zu fragen. Türk: "Warum gehen denn immer weniger Leute zur Wahl?" Die Politik sei wie ein riesiger Dschungel, in dem man sich nicht zurecht finde. Im Vergleich zum vorher Versprochenen passiere nach den Wahlen zu wenig. Und ein Unterschied zwischen dem, was die jetzige rot-grüne Regierung tue, und dem, was die vorhergehende getan habe, sei schwer zu entdecken.

Fazit des Wochenendes: Jugendlichen werde heute oft vorgeworfen, sie seien politikverdrossen, hätten kein Interesse an der Politik und denen, die sie machen, sagt Johannes Schatz. Aber: "Junge Leute sind politisch interessiert, nur erscheinen ihnen manche politischen Vorgänge sehr kompliziert." Gerade deshalb sei es wichtig, Kurse dieser Art anzubieten. Überrascht habe ihn übrigens die Antwort auf die Frage, welche der Parteien denn am besten abgeschnitten haben: Es waren die beiden, die im Osten Deutschlands - zumindest gemessen an den Ergebnissen der letzten Wahlen - kaum noch eine Rolle spielen: die FDP und Bündnis 90 / Die Grünen.

Dieser Beitrag wurde veröffentlicht in Ausgabe 14 des 50. Jahrgangs (im Jahr 2000).
Aufgenommen in die Online-Ausgabe: Sonntag, 02.04.2000

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