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Bistum Magdeburg

Das Ziel ins Auge fassen

Wort aus Helfta

"Laetare!" wurde uns dieser Tage im Gottesdienst zugerufen. "Freue dich!" Und das mitten in der Fastenzeit. Wieso eigentlich? Fastenzeit, österliche Bußzeit - ist das nicht eine Zeit der Bußtrauer, der düsteren Mienen, des permanenten schlechten Gewissens, der hängenden Köpfe? Zeit aber auch, an das Leiden Christi zu denken, an all das Schreckliche, das er für uns erlitten hat?

Ja, gewiss, wir sollen in dieser Zeit, besonders wenn wir nun der Karwoche entgegengehen, auch daran denken; sollen in Dankbarkeit, Liebe und Mitleiden uns daran erinnern, was Gott es sich kosten ließ, uns heimzuholen; wie viel wir dazu beigetragen haben, dass das Böse in der Welt immer noch so viel Macht hat, ja ständig an Macht zu gewinnen scheint. Ich denke, Stephan Andres hat nicht ganz unrecht, wenn er ein Gedicht überschreibt: "Du bist schuld an allem was geschieht in der Welt". Mitschuldig sind wir allemal. Also, ist nicht Grund genug, traurig zu sein, zu klagen, Buße zu tun? Ja, stimmt schon. Aber soll's dabei bleiben? Was heißt denn das eigentlich: Buße tun? Vor allem heißt es eines: Umkehren!

Stellen Sie sich vor, Sie sind auf einer Gebirgswanderung, und auf einmal werden Sie unsicher: Ist das noch der richtige Weg? Sie merken: Hier stimmt was nicht. Sie bekommen Angst und haben in Ihrer Unsicherheit aber auch nicht den Mut, einfach umzudrehen. Da kommt Ihnen einer entgegen, der sich hier auskennt, und sagt Ihnen, wo's langgeht; sagt Ihnen, dass Sie genau in die verkehrte Richtung laufen, und also umkehren müssen. Sie atmen erleichtert auf: "Gott sei Dank, jetzt habe ich wieder eine Richtung!" Und ich kann mir vorstellen, dass Sie nun fest drauflos marschieren und mit Schwung und Elan Ihrem Ziel zusteuern.

Sehen Sie, und das genau ist es, was Buße bedeutet: Umkehren! Uns zuerst wieder einmal fragen: Wohin laufe ich eigentlich? Bin ich noch auf dem richtigen Weg? Habe ich nicht das Ziel total aus dem Auge verloren? Und dann, wenn Sie feststellen: Ich habe mich ganz schön ins Abseits verloren, nichts wie kehrt marsch! Und diese Umkehr hat etwas mit Freude zu tun, mit Schwung, mit Begeisterung! Wir sehen das Ziel wieder leuchten, ein herrliches Ziel, und wir marschieren mit Energie darauf los. Das genau ist es, was Buße meint und warum uns die Kirche in diesen Tagen zuruft: "Freue Dich!"

Übrigens, unser Ordensvater, der heilige Benedikt, hat das auch so gesehen. Er schreibt, wir sollen diese Zeit der Buße "in der Freude des Heiligen Geistes" verleben, sollen "in geistlicher Sehnsucht und Freude dem Osterfest entgegengehen". Damit wir dies schwungvoll und dynamisch tun können, ist es sicher nötig, einigen Ballast abzuwerfen, uns in Zucht zu nehmen, wie gute Sportler das tun, vor allem aber das Ziel fest ins Auge zu fassen; neu zu bedenken: Das Kreuz - obgleich es uns unendlich viel zu sagen hat - ist nicht das Ende, nicht das Ziel.

Das Ziel heißt Auferstehung, heißt Leben, Leben in überströmender Fülle, wie nur Gott es zu bieten hat.

Seit Februar richten die Zisterzienserinnen des Klosters Helfta an die Leser ihrer Internet-Homepage ein monatliches "Wort aus Helfta". Das hier abgedruckte April-Wort und weitere Informationen über das Kloster sind zu finden unter http://www.kloster-helfta.de



Siehe auch: Kloster Helfta

Dieser Beitrag wurde veröffentlicht in Ausgabe 15 des 50. Jahrgangs (im Jahr 2000).
Aufgenommen in die Online-Ausgabe: Sonntag, 09.04.2000

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