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Bistum Görlitz

Eine perfekte Inszenierung

Kloster Neuzelle

Neuzelle - Gabriel Dubau, Abt in Neuzelle von 1742 bis 1775, schlendert durch den Garten des Neuzeller Klosters. Neben ihm geht ein märkischer Gutsherr . Vom großen Wasserbassin aus gehen die beiden Herren - immer entlang der zentimetergenau beschnitten Hecken - zu einem der beiden Pavillons. Neben ihnen plättschert die Dorche, ein Bächlein. Auf den terrassenartig angelegten Hängen am linken Rand des Gartens liegt die Abendsonne. Kübel mit Orangen- und Zitronenbäumchen sind am Hang in Reih und Glied aufgestellt bis hoch zur Stiftskirche.

Eine Szene, wie sie sich Ende des 18. Jahrhunderts abgespielt haben könnte. Unvorstellbar allerdings beim Anblick, den der Klostergarten während der letzten Jahrzehnte bot: Eine verwilderte Parkanlage, die auf den ersten Blick nur wenig mit der kunstvoll gestalteten Gartenarchitektur des "herrschaftlichen Lust-, Obst- und Küchengartens" zu tun hatte. Im Zuge der Renovierungsarbeiten auf dem Klostergelände soll der Garten in den nächsten Jahren wieder in seiner alten Pracht hergestellt werden. Jedenfall 2,7 der ursprünglich 4,7 Hektar großen Fläche.

Wie der Barockgarten im Original ausgesehen hat, zeigen Planungsskizzen im Stiftsatlas von 1758: Schnurgerade Wege, geometrisch angeordnet, Formschnitthecken, kleine Pavillons, Skulpturen und die Orangerie, in der die Zitruspflanzen überwinterten. Doch hat es den Garten, so wie er geplant war auch wirklich gegeben? Diese Frage soll ein Archäologenteam beantworten. Nachdem bereits mehrere wild wuchernde Bäume entfernt wurden, sind seit Anfang März zwei Archäologen, zwei Grabungstechniker und mehrere Ausgrabungshelfer damit beschäftigt, Spuren der alten Gartenarchitektur aufzuspüren.

Wo Abt Gabriel mit seinen Gästen flaniert sein könnte, sind jetzt mehrere Gräben ausgeschachtet - sogenannte Grabungsschnitte. Die Männer und Frauen von der Gesellschaft für Archäologische Denkmalpflege Berlin und brandenburgische ABM-Kräfte haben zumeist ohne Bagger gearbeitet, dafür mit Spaten und Schaufel. Der leitende Archäologe Thomas Wüstefeld erklärt: "Man muss sensibel sein. Es darf ja nichts kaputt gehen."

Tatsächlich sind für die Archäologen auch Feinheiten, scheinbar unbedeutende Bodenmerkmale von Bedeutung. Einer der Grabungsschnitte zeigt auf den ersten Blick keine Besonderheiten. Doch Thomas Wüstefeld sieht genauer hin. Und tatsächlich: Die Erde ist an einer Stelle farblich längs geteilt. Rechts der Achse ist der Boden ein wenig heller als links. Wüstefeld erklärt: "Hier muss ein Weg gewesen sein."

Stellen, an denen gegraben wird, bestimmen die Archäologen gezielt. Auf eine Kopie der alten Zeichnungen aus dem Stiftsatlas haben sie einen maßstäblichen Plan des heutigen Gartens gelegt. Plätze an denen nach den Zeichnungen früher markante Punkte wie etwa eine Skulptur oder ein Pavillon standen, werden so ausfindig gemacht. Dann beginnen genau dort die Grabungen. An vielen dieser markanten Stellen ist das Team bereits fündig geworden. Beispielweise dort, wo laut Plan Heckenlauben standen: Etwa einen Meter tief in der Erde fanden Wüstemann und seine Kollegen Pfostenkonstruktionen, die einen Holzunterbau für die Hecken stützten. Vom Holz selbst ist nichts mehr übrig - was den Archäologen angesichts des sumpfigen Bodens im Oder-nahen Gebiet nicht weiter verwundert.

Juliane Schmidt

Dieser Beitrag wurde veröffentlicht in Ausgabe 16 des 50. Jahrgangs (im Jahr 2000).
Aufgenommen in die Online-Ausgabe: Sonntag, 16.04.2000

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