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Bistum Görlitz

Das Wendische Museum informiert über sorbische Osterbräuche

Cottbus

Kunstvoll bemalte sorbische EierCottbus (jus) - Geschniegelt und gebügelt, in "die guten" Mäntel gehüllt stehen zwei Lübbener Jungen auf der Straße. Sie sind gerade auf dem Nachhauseweg. Verschmitzt und stolz schauen die beiden in die Kamera. Auch den Grund für ihren freudigen Triumph zeigt die Aufnahme aus den Sechzigern: Jeder der Jungen - vermutlich Brüder - hält einen Korb in der Hand. Darin sind drei farbige Ostereier, eine große helle Semmel und ein Lebkuchen - das Ostergeschenk von den Paten. Ein anderes Bild aus dem Jahr 1940 sprüht von Freude über die traditionelle Gabe des Paten zum Osterfest: Ein Mädchen in sorbischer Festtagstracht beißt mit Genuss in die etwa 50 Zentimeter lange Ostersemmel. Fast verschwindet das Kind hinter dem Backwerk. Der etwa zweijährige Knirps auf dem Bild nebenan, hat wahrscheinlich Mühe überhaupt gerade zu stehen. Doch sein Patengeschenk hält er schon ganz fest in der Hand.

Wie diese Fotos lassen derzeit 80 historische Aufnahmen Osterbräuche der Sorben in Ober- und Niederlausitz wieder lebendig werden. Zu sehen sind sie in einer Sonderausstellung des Wendischen Museums in der Cottbuser Mühlenstraße.

Doch nicht nur die Ostergeschenke der Paten, die traditionell aus einer Semmel, drei bunten Eiern, Lebkuchen und - manchmal einer Sammeltasse oder etwas Geld - bestanden, sind auf den Fotos dokumentiert. Wie bei vielen Völkern sind auch bei den Sorben gerade die Bräuche um das Osterfest sehr zahlreich. Etwa das Ostersingen. Bis in die 50er Jahre hinein war es in den evangelischen Dörfern der Mittel- und Niederlausitz üblich, dass Mädchen und junge Frauen in der Passionzeit, Karfreitag und in der Osternacht durch ihr Dorf zogen und wendische Choräle sangen. Ein anderer Brauch, das "Waleien" war und ist auch heute noch besonders unter den Kindern sehr beliebt. Viele der bis zu 100 Jahre alten Aufnahmen zeigen den Spaß der Kinder und Erwachsenen bei diesem Spiel. Die Eier werden dabei eine abschüssige Bahn heruntergerollt. Wer das Ei eines Mitspielers trifft, kann einen Pfennig oder kleine Preise gewinnen. Das allerdings ist gar nicht so einfach, denn oft "eiern" die bunten Gaben in ungeahnter Richtung davon. Den Osterreitern der Oberlausitz sind ebenfalls Vitrinen und Bilder gewidmet. Christina Kliem, Museumsinspektorin im Wendischen Museum erklärt: "Das Osterreiten ist einer der bedeutendsten Bräuche, weil er noch so lebendig ist."

Seit vier Jahren hat das Museum die ausgestellten Bilder, Trachten, Patengeschenke und das Pferdegeschirr gesammelt und aufgekauft. Daneben nennt es natürlich viele sorbische Ostereier sein Eigen. Die, so erklärt Christina Kliem, "haben in den letzten 30 Jahren einen richtigen Boom erlebt" und dürfen in der Ausstellung nicht fehlen. Bunt leuchten sie aus mehreren Vitrinen: Hühner-, Gänse- und sogar Straußen-Ei-große Exemplare, Eier aus Keramik, aus Porzellan und Glas. Zum Teil sind die Exponate weit gereist. Neben den Kunstwerken aus der Lausitz sind Kostbarkeiten aus Polen und Tschechien und anderen Gegenden zu bewundern. Eier mit Schmetterlingen und Blumenmotiven, mit volkstümlichen Szenen und sogar mit einem Kreuzweg. Publikumsmagnet sind jedoch die sorbischen Eier. Mit Ätz-, Wachs- oder Kratztechnik haben Hobby- und Profi-Künstler die typischen Ornamente "auf das Ei gebracht": Aus Dreiecken, Strichen und Punkten werden Strahlenbündel, Sterne und Sonnenradmotive.

Doch nicht nur ansehen, auch selber ausprobieren ist möglich. Jedenfalls für Kinder. Immer wieder sind während der letzten Wochen Schulklassen zu Gast. Dann riecht es in den drei Ausstellungsräumen nach heißem Wachs und alle anderen Besucher haben ein bisschen weniger Platz. Doch den Mitarbeitern des Museums sind diese Eiermal-Kurse für die Kinder wichtig. Christina Kliem formuliert ihr Anliegen: "Wir wollen, dass die Bräuche lebendig bleiben." Sie selbst pflegt zum Beispiel das Ostergeschenk fürs Patenkind, das auch heute noch, hauptsächlich unter den evangelischen Sorben, verbreitet ist. Sie selbst ist mit den Osterbräuchen aufgewachsen und freut sich, dass zum Beispiel das Ostersingen in mancher Gegend wieder gepflegt wird: In Schleife singen die "Katorkas" seit wenigen Jahren in der Osternacht Choräle.

Die Ausstellung im Wendischen Museum, Mühlenstraße 12 in Cottbus ist bis 14. Mai Dienstag bis Freitag von 8.30 Uhr bis 18 Uhr, am Wochenende sowie an Feiertagen von 14 Uhr bis 18 Uhr geöffnet.

Dieser Beitrag wurde veröffentlicht in Ausgabe 17 des 50. Jahrgangs (im Jahr 2000).
Aufgenommen in die Online-Ausgabe: Sonntag, 23.04.2000

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